Ein starkes Stück Kirche (9)

„Getragen vom Glauben Dinge vorantreiben und die Gemeinde weiter entwickeln!“

Martin Neuhoff, Kirchengemeinde Wattenscheid (17.609 Mitglieder, 6 Kirchen, 4 Gemeindehäuser)

Ein emsiges Summen erfüllt die Luft. Hunderte fleißiger Bienchen schwärmen auf dem Evangelischen Friedhof Wattenscheid umher und sammeln Nektar. Bei den bunten Blumen, die die Gräber schmücken und auf der Wildblumenwiese gleich neben den Bienenstöcken. Dort ist das lebendige Treiben zu sehen und zu hören. Als Friedhofskirchmeister ist Martin Neuhoff für diese Besonderheit mit verantwortlich.

Sein Vater war hier als Pfarrer tätig gewesen, deshalb kannte Neuhoff den Ablauf in der Gemeinde gut und wusste auch, dass Presbyteriumssitzungen oft erst kurz vor Mitternacht enden. Seit 2004 ist der 55-Jährige nun schon als Presbyter dabei. Trotzdem wundert er sich immer noch, wie lange es mitunter dauert, bis Projekte oder Ideen endlich umgesetzt werden können. Besonders schwierig findet Neuhoff, wenn im Presbyterium über das Schließen von Kirchen und Gemeindehäusern entschieden werden muss. „Da haben wir uns auch wirklich blutige Nasen geholt. Die Trauerarbeit für die verlorenen Gebäude, die ist teilweise heute, Jahre danach, noch nicht abgeschlossen, das merkt man. Aber es war halt so, dass es wirklich nicht anders ging.“ Diese unangenehmen Aspekte der Kirchenleitung sind für ihn nicht schön, aber leider notwendig. Letztlich, um die Gemeinde lebendig zu erhalten.

Doch wie kam der IT-Berater und Datenbankexperte darauf, sich als Presbyter ausgerechnet um den Friedhof zu kümmern? „Schon als Schüler und Student habe ich hier auf dem Friedhof Ferienjobs gehabt. Mit der Schubkarre Erde hin und her fahren, die Wege fegen, solche Dinge. Das gibt es übrigens heute noch, jetzt in den Sommerferien war auch einer meiner Söhne hier.“ Hilfsarbeiter im Garten- und Landschaftsbau in den Ferien auf dem Friedhof – wohl eher ein ungewöhnlicher Job. Aber Neuhoff gefiel das Arbeiten im Grünen und jetzt ist es für den Presbyter ein guter Ausgleich zur Büroarbeit am PC und Schreibtisch. Ganz ohne Papierkram geht’s zwar auch als Friedhofskirchmeister nicht, aber wenn die Schreibtischarbeit erledigt ist, freut sich der Vater von vier Kindern auf das lebendige Grün, das für ihn so einen Friedhof ausmacht. „Wir planen dann auch immer wieder neue Projekte, etwa neue Bestattungsformen und wir haben hier auch einige Freiflächen umgestaltet zu Wildblumenwiesen, um so für Bienen und Insekten Biotope zu schaffen.“ Zusätzlich wurden mit den beiden Bienenvölkern einige hundert neue Mitarbeiter eingestellt, die nun mithelfen, den Friedhof lebendiger zu machen, schmunzelt Neuhoff. Zusammen mit einem örtlichen Imker werden diese besonderen Mitarbeiter betreut und sorgen hoffentlich bald schon für heimischen Honig.

„Naturschutz, Nachhaltigkeit, das sind Themen, die einen Friedhofspresbyter bewegen und die natürlich auch jungen Menschen wichtig sind.“ Und denen möchte er Mut machen, sich zur nächsten Presbyteriumswahl aufstellen zu lassen. „In der Gemeinde gibt es so viel zu tun und ich stelle immer wieder fest, hier kann man wirklich etwas bewegen. Getragen vom Glauben Dinge vorantreiben zu können und gemeinsam Projekte zu gestalten und die Gemeinde zu entwickeln, das ist eine tolle Aufgabe!“

Und wem die Leitung der Gemeinde vielleicht zunächst eine Nummer zu groß erscheint, dem empfiehlt Neuhoff die Mitarbeit in einem der vielen verschiedenen Ausschüsse. Auch hier wird wichtige Gemeindearbeit geleistet, können Ideen eingebracht und umgesetzt werden.

Die ehrenamtliche und häufig zeitaufwändige Arbeit auf dem Friedhof jedenfalls macht Neuhoff auch nach all den Jahren immer noch so viel Spaß, dass er sich auch bei der nächsten Wahl wieder als Presbyter aufstellen lässt. Und gern weiter daran mitarbeiten möchte, dass die Gemeinde weiterhin lebendig bleibt.

Text und Foto: Frauke Haardt-Radzik