Zorn in Solidarität verwandelt

Der Joseph-Preis ging in diesem Jahr an die Belegschaft von Vaillant in Gelsenkirchen

Die Betriebsratsvorsitzende Yasemine Rosenau nahm den Preis von den Vertretern der Christlichen Sozialverbände und des Evangelischen Industrie- und Sozialpfarramtes entgegen. FOTO: CORNELIA FISCHER

Die Betriebsratsvorsitzende Yasemine Rosenau nahm den Preis von den Vertretern der Christlichen Sozialverbände und des Evangelischen Industrie- und Sozialpfarramtes entgegen. FOTO: CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN – „Einer trage des anderen Last“ lautet die Botschaft, die die Christlichen Sozialverbände Gelsenkirchen und das Evangelische Industrie- und Sozialpfarramt mit der Verleihung des Joseph-Preises in die Öffentlichkeit tragen wollen. Die Belegschaft der Firma Vaillant wurde nun für ihren herausragenden Einsatz beim Erhalt ihrer Arbeitsplätze mit dem nach Zimmermann Joseph von Nazareth benannten Preis ausgezeichnet. Vor knapp 10 Jahren stand das Werk in Gelsenkirchen-Erle vor dem Aus. Den Mitarbeitern gelang es, eine ganze Stadt hinter sich zu formieren.

Industrie- und Sozialpfarrer Dieter Heisig gab in seiner Laudatio eine emotionale Rückschau auf die Vaillant-Rettung: „An die verzweifelten Gesichter der Menschen kann ich mich noch gut erinnern.“ Dass das Werk an der Emscherstraße trotz guter Produktivität geschlossen werden sollte, stieß in ganz Gelsenkirchen auf Kopfschütteln. Der Belegschaft gelang es, den Zorn in Solidarität umzumünzen. „Dieter Heisig war ein wichtiges Glied in der Kette, genauso wie Parteien, Kirchen, die Politik, die IG Metall und der damalige Gewerkschaftssekretär Alfred Schleu“, so Yasemine Rosenau in ihrer Dankesrede. Die damalige und heutige Betriebsratsvorsitzende nahm den Preis stellvertretend für die gesamte Vaillant-Mannschaft in der Fertigungshalle entgegen. Ihren Dank richtete sie auch an die Geschäftsführung der weltweit aktiven Vaillant Group. Mit Dr. Carsten Stelzer (Geschäftsführer Technik) und Dr. Carsten Voigtländer (Vorsitzender der Geschäftsführung) kamen zwei namhafte Vertreter des Hauses in das Gelsenkirchener Werk. „In unseren Werten haben wir den Kampf für unsere Ideen mit verankert“, so Voigtländer über den damaligen Konflikt. Dieter Heisig: „Die Entscheidung der Betriebsleitung für das Werk verdient Anerkennung und Respekt.“ Die Frage, inwieweit Taktik und strategische Interessen des Unternehmens bei der geplanten Schließung damals eine Rolle spielten, stehe am Tag der Preisverleihung nicht im Mittelpunkt.

Heute arbeiten mit 250 Beschäftigten wieder so viele Menschen wie im Jahr der drohenden Schließung. „Das sind innovative Arbeitsplätze, um die Gelsenkirchen beneidet wird“, so Dieter Heisig über die Früchte des erfolgreichen Kampfes. Heute produziert Vaillant in Erle moderne Heizungs- und Solargeräte – eine wachsende Branche. Heisig erinnerte nach einer ökumenischen Kurzandacht mit Pastor Hermann Zimmermann an Joseph, der dem Preis den Namen gibt. „Sich verzehren für andere, dafür steht die Figur des Joseph.“ Der Preis (bei Vaillant eine kleine Bronze-Plastik, die für alle Mitarbeiter sichtbar installiert wird) soll Gelsenkirchener Bürger aus der Arbeitswelt in den Fokus rücken, die an ethischen Maßstäben festhalten und sich für Frieden, Bewahrung der Schöpfung und Gerechtigkeit einsetzen. Verliehen wird er durch die Evangelische und Katholische Arbeitnehmerbewegung, Kolping und das Evangelische Industrie- und Sozialpfarramt. Dieter Heisig: „Christliche Menschen handeln mit anderen Maßstäben als mit Gewinnmaximierung.“ Und der Preis soll ein Signal sein: „Gegen das ewige 'da kann man doch eh nichts machen'“, so Heisig. Dass der Joseph-Preis bei den Vaillant-Mitarbeitern in guten Händen ist, stellte Yasemin Rosenau dann auch direkt unter Beweis: „Wir wissen, dass Menschen in unserer Stadt von Arbeitsplatzverlust bedroht sind, sie brauchen unsere Unterstützung.“ Jetzt müsse sich die Stadt gegen den Abbau von Stellen beim Automobilzulieferer TRW in Schalke wehren.