Weichenstellungen für die Zukunft

Kreissynode beriet über Kindergärten, Pfarrstellen und Gebäude - Ökostrom soll kommen

Pausengespräch zwischen Pfarrer Christian Ellgaard (links) und Pfarrer Ernst-Martin Barth. Die Synode dauerte insgesamt 10 Stunden.

Pausengespräch zwischen Pfarrer Christian Ellgaard (links) und Pfarrer Ernst-Martin Barth. Die Synode dauerte insgesamt 10 Stunden.

Die Superintendenten des Gestaltungsraumes (von links) Reiner Rimkus (Herne) Rüdiger Höcker (Gelsenkirchen und Wattenscheid) und Peter Scheffler (Bochum) mit der neuen Sozialdezernentin der Stadt Gelsenkirchen, Karin Welge. FOTOS: CORNELIA FISCHER

Die Superintendenten des Gestaltungsraumes (von links) Reiner Rimkus (Herne) Rüdiger Höcker (Gelsenkirchen und Wattenscheid) und Peter Scheffler (Bochum) mit der neuen Sozialdezernentin der Stadt Gelsenkirchen, Karin Welge. FOTOS: CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN – Am Montag, 27.6., ist die Synode des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid zum zweiten Mal in diesem Jahr zusammengetreten. Sie begann um 10 Uhr mit einem Gottesdienst in der Evangelischen Kirche Rotthausen. Die anschließenden Beratungen im benachbarten Gemeindehaus wurden um 20 Uhr abgeschlossen.

14 Tagesordnungspunkte waren zu verhandeln. In fünf Punkten ging es in besonderem Maße um Weichenstellungen für die Zukunft.

 

Kindergärten

10 Prozent seiner Kirchensteuereinnahmen investiert der Kirchenkreis in die Kindergärten. Das ist der höchste Einzelposten im Haushalt (kreiskirchliche Dienste 9,3 %, Verwaltung 9,5 %, Diakonie 6,3 %). Seit das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) 2008 in Kraft trat, reicht im Jahr 2011/2012 dieser Anteil erstmals nicht aus, um den Trägeranteil von 12 % der Gesamtkosten für alle Kindergärten aufzubringen. Der Grund dafür: Nicht der Träger selbst, sondern KiBiz legt die Kosten fest – und sie steigen von Jahr zu Jahr um rund 1,5 %. Auf der anderen Seite sinken die Kirchensteuereinnahmen und damit der 10-Prozent-Anteil des Kirchenkreises.

Um also den Trägeranteil für alle 27 Kindergärten weiterhin aufzubringen, hätte die Finanzsatzung des Kirchenkreises zu Lasten anderer Arbeitsfelder geändert werden müssen. Doch auch in allen anderen Arbeitsfeldern steigen die Kosten, während die Einnahmen sinken.

Daher hat Kreissynode gestern beschlossen, die Finanzsatzung aufrecht zu erhalten. Sie hat Eckpunkte für ein Haushaltssicherungskonzept für die Kindergartengemeinschaft verabschiedet. Da zwei verschiedene Kommunen zuständig sind, sollen die Konzepte für die Gelsenkirchener und die Bochumer Einrichtungen getrennt verhandelt werden.

Für das Kindergartenjahr 2011/12 beläuft sich die Differenz zwischen dem 10-Prozent-Kirchensteueranteil (949.120 Euro) und dem 12-Prozent-Trägeranteil (1.162.944 Euro) auf 213.824 Euro.  Davon entfallen 124.642 Euro auf  die 21 Kindergärten in Gelsenkirchen und 89.181 Euro auf die sechs Kindergärten in Wattenscheid.

Superintendent Höcker ist nun auf der Basis der beschlossenen Eckpunkte damit beauftragt,  Vereinbarungen mit den Kommunen zu treffen. Dabei geht es in erster Linie um freiwillige Zuschüsse zur Deckung des Defizits und um die Sanierungs- und Umbaukosten für die U3-Gruppen. Es haben bereits erste Gespräche stattgefunden.

„Aus Bochum gibt es deutliche Signale, dass wir in Bezug auf die Betriebskosten eine Lösung finden“, berichtete Höcker der Synode. Das würde Zeit verschaffen, um den zukunftsfähigen Ausbau der Einrichtungen in den Blick zu nehmen.

In Gelsenkirchen geht die grundsätzliche Tendenz eher dahin, ggf. Betriebsübergänge in eine kommunale Trägerschaft zu erwägen. Stadtrat Dr. Manfred Beck erhielt als Gast der Synode zu diesem Punkt Rederecht. Es sei „schwer zu verstehen“, so Beck, dass die Stadt Gelsenkirchen hier eine Weg einschlage, der unter dem Strich teurer sein könne. Dennoch sei es die Logik des Gesetzes. Als Nothaushaltskommune habe man die Vorschriften der Bezirksregierung Münster zu befolgen. In Einzelfällen ließen sich ggf. andere Lösungen finden.

Zur Erklärung: Für Kindergärten in kommunaler Trägerschaft erhält die Kommune vom Land 30 % der Betriebskosten. Für Kindergärten freier Träger bekommt sie 36,5 %.

Unter dem Beifall der Synodalen bat Pfarrer Ernst-Udo Metz (GE-Horst) den Stadtrat darum, sich gemeinsam mit dem Kirchenkreis beim Land für den Erhalt der Trägervielfalt einzusetzen.

 

Pfarrstellenplanung

Derzeit gibt es im Kirchenkreis mit seinen 15 Kirchengemeinden für 96.729 Evangelische 37 Gemeindepfarrstellen und viereinhalb (nicht refinanzierte) Kreispfarrstellen.

Nach den Prognosen der Mitgliederentwicklung wird es 2020 im Kirchenkreis 77.691 Evangelische geben. Das sind 19.048 weniger als heute. Der Mitgliederschwund setzt sich nach dem langjährigen Mittel zusammen aus 42 % Überschuss an Wegzügen, 42 % Überschuss an Sterbefällen und 17 % Kirchenaustritten.

Die Evangelische Kirche von Westfalen (EKvW) gibt als Messzahl für die Anzahl der Pfarrstellen vor: eine Gemeindepfarrstelle pro 2.750 Evangelische und eine kreiskirchliche Pfarrstelle pro 20.000 Evangelische.

Daraus ergibt sich rein rechnerisch für das Jahr 2020: 28, 25 Gemeindepfarrstellen und 3, 88 kreiskirchliche Pfarrstellen.

Die Synode hat gestern eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die dazu beitragen sollen, diese Zielvorgaben zu erreichen. Die Wiederbesetzung freiwerdender Gemeindepfarrstellen wird nicht von einer Einzelgemeinde, sondern von den Zahlenverhältnissen innerhalb des betroffenen Kooperationsraumes abhängig gemacht. Zusätzlich können Pfarrstellen befristet werden und im Einzelfall kann bei der Besetzung einer Pfarrstelle auch das so genannte „Präsentationsrecht“ (die EKvW „präsentiert“ nur einen Kandidaten, ggf. aus einer anderen Gemeinde des Kirchenkreises) zur Anwendung kommen.

 

Gebäudeplanung

Derzeit gibt es im Kirchenkreis 29 (aktive) Kirchen und 27 Gemeindehäuser (davon zwei mit Kirchsaal). Sämtliche mit ihnen verbundenen Kosten tragen die Kirchengemeinden, denen sie gehören. Die Mittel dafür kommen aus den Kirchensteuereinnahmen. Sie werden jeder Gemeinde „pro Kopf“ zugewiesen, das heißt: die Höhe der Zuweisung hängt von der Anzahl ihrer Gemeindemitglieder ab.

Die Christus-Kirchengemeinde Buer ist die größte mit 15.725 Mitgliedern. Die Gemeinde in Wattenscheid-Günnigfeld ist die kleinste mit 2.205 Mitgliedern. Die Kreissynode will den Erhalt von Kirchen und Gemeindehäusern planvoll gestalten und unabhängig machen von der Finanzkraft der einzelnen Gemeinden. Deshalb hatte sie bereits auf ihrer letzten Tagung (am 28.2.11) beschlossen, in Zukunft eine Reihe von Gebäuden gemeinsam zu finanzieren.

Gestern hat sie erste Eckdaten für die Bestimmung dieser Gebäude beschlossen. Danach sollen jeweils eine Kirche und ein Gemeindehaus pro 4000 Evangelische gemeinsam erhalten werden – jeweils drei in den Kooperationsräumen Gelsenkirchen und vier im Kooperationsraum Wattenscheid. Gesondert sind dabei die beiden ältesten Kirchen (Bleckkirche in GE und Alte Kirche in WAT) zu behandeln.

Zugleich wurde eine lange Liste von Kriterien verabschiedet, die bei der Bestimmung der Gebäude Beachtung finden sollen, z.B. historische Bedeutung, Lage, Verkehrsanbindung, konzeptionelle Bedeutung, Sanierungsbedarf, Unterhaltungskosten etc. In den Kooperationsräumen sollen nun anhand dieser Kriterien Vorschläge erarbeitet werden. Die endgültige Liste wird die Kreissynode im nächsten Jahr beschließen.

Kirchen und Gemeindehäuser, die nicht auf dieser Liste stehen, müssen nicht zwangsläufig aufgegeben werden.

 

Bericht des Superintendenten

Als „Einladung zum Gespräch“ bezeichnete Superintendent Rüdiger Höcker seinen Jahresbericht. Struktur- und Finanzfragen binden derzeit viele Kräfte, so dass manchmal das Gefühl entsteht, Übersicht und Orientierung zu verlieren. Dagegen setzte Höcker ein „Zielfoto“ vom Evangelischen Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid im Jahr 2020.

Sechs Kirchengemeinden laden in 21 Kirchen zu Gottesdiensten unterschiedlicher Prägung ein. In 19 Gemeindehäusern bieten sie Orte der Begegnung – weit geöffnet für jeden und jeden. Zugleich setzt jede klar erkennbare Schwerpunkte, etwa in der Jugendarbeit, bei der Kirchenmusik oder mit gesellschaftspolitischen Debatten. Zum Wohle der Menschen vernetzen sie sich mit anderen Akteuren in den Stadtteilen. Es gibt eine gemeinsame Verwaltung im Gestaltungsraum (d.h. mit den Nachbarkirchenkreisen Bochum und Herne). Auch die kreiskirchlichen Dienste arbeiten auf dieser Ebene eng zusammen.

Klare Entscheidungsstrukturen, Transparenz und verlässliche Ausstattung sind die Eckpunkte für die Zusammenarbeit aller Ebenen. Sie schützen Haupt- und Ehrenamtliche vor Überforderung und geben Raum für die Konzentration auf das, „was Auftrag der Kirche ist: verkündigen, trösten, beraten, befreien und in alledem gestalten, was dem Frieden dient und der Gerechtigkeit.“

 

Ökostrom

Die Kreissynode hat beschlossen, in allen Häusern und Wohnungen des Kirchenkreises so schnell wie möglich auf Ökostrom umzusteigen. Nach Möglichkeit soll ein Rahmenvertrag für alle kirchlichen Gebäude, also auch die der Kirchengemeinden, geschlossen werden.

In der Begründung zu diesem Beschluss heißt es: „Als Christinnen und Christen setzen wir uns dafür ein, den konsequenten Ausstieg aus der Atomenergie mit einem ebenso konsequenten Einstieg in eine klimaschonende Energieversorgung zu verbinden.

Wir sind bereit, uns an der Entwicklung und Umsetzung der Energiewende zu beteiligen. Mit der Umstellung auf Ökostrom leisten wir einen Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung und fördern den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien.“