Was erwarte ich davon, wenn ich über Frieden spreche? Ich kann sagen, ich bin froh darüber, dass die israelischen Geiseln endlich frei sind. Zumindest ein großer Teil davon – diejenigen, die noch am Leben waren. Die Leichen einiger Geiseln sind immer noch im Gaza-Streifen, und die Lage bleibt unklar. Und dann ist das nur ein kurzer Lichtblick in Israel und Palästina. Denn während ich Hoffnung habe, dass die Gesellschaft in Israel nun aufatmen kann und vielleicht langsam in den Modus kommt, das Trauma vom 7. Oktober verarbeiten zu können, bleibt ein Auge im Gazastreifen, wo der Großteil in Schutt und Asche liegt. Wo immer noch eine Hamas regiert, die sich nicht um ihre Verantwortung für das Leben der Palästinenser*innen im Gazastreifen schert. Und dann gibt es noch eine Regierung in Israel, die in Teilen frustriert damit ist, nun den Gazastreifen nicht wieder besiedeln zu können. Kann man das Frieden nennen?
Und wenn ich darüber nachdenke, wie das erreicht worden ist, von einem Fanatiker mit viel Macht, der allen drohen kann, wie es ihm gefällt. Da können wir gerade glücklich sein, dass diese Macht einmal dafür genutzt wurde, dass es einen Moment der Ruhe gibt, der vielleicht zu etwas wie Frieden führt. Aber ist es ein gerechter Frieden, wenn er eigentlich nur dem Ego eines Mannes dient? Ist der Frieden gerecht, wenn gewählte Parlamentsabgeordnete dafür aus dem Parlament geführt werden, dass sie daran erinnern, dass die Freilassung nicht das Ende eines Friedensprozesses ist, sondern ein kleiner Anfang, der eben die Anerkennung Palästinas braucht, damit auch die im Gazastreifen und in der Westbank lebenden Palästinenser*innen in einem gerechten Frieden leben können?
Nun, vielleicht bin ich auch naiv, aber das hat keinen Friedensnobelpreis verdient.
Die Drohung die Hölle über einen Ort hereinkommen zu lassen, ist das Friedensnobelpreisverdächtig?
Die Verfolgung von Migrant*innen und anderer marginalisierter Gruppen im eigenen Land, ist das Friedensnobelpreisverdächtig?
Die Drohung, die Demokratie aus den Angeln zu heben und das Spiel mit der Verfassung, ist das Friedensnobelpreisverdächtig?
Oder bin ich zu eitel und gönne nicht, dass es jemand wie Donald Trump geschafft hat und dafür groß gefeiert wird?
Ich glaube, dass wir, sowohl als Christ*innen und Menschen, höhere Ansprüche an Frieden haben dürfen und müssen, auch daran, wie wir ihn erreichen: So glaube ich an Frieden, der Menschen sieht in ihren Bedürfnissen und diese für alle sicherstellt, die zu diesem Frieden beitragen wollen.
An Frieden, der nicht durch Drohungen erpresst wird, sondern an dem gemeinsam gearbeitet wird.
An Frieden, der warm ist, an einen Frieden, in dem sich Menschen füreinander interessieren und miteinander, mit ihren Nachbar*innen, im Gespräch sind und einander kennen.
Ich glaube an einen Frieden, der hält. Nicht, weil jemand mit dem Finger über dem Startknopf großer Waffe schwebt, sondern weil wir einander vertrauen und einander brauchen.
Ich glaube an Frieden, der Gottes Reich nahekommt, an Frieden, in dem Gerechtigkeit herrscht.
Text: Steven Edwards, Ökumenereferent* des Kirchenkreises
