Vielfalt im Revier

Mit einem festlichen Eröffnungs-gottesdienst in der Wattenscheider Friedenskirche begann am Sonntagabend die landeskirchliche Visitation im Evangelischen Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid.

V.l.: Heiner Montanus, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid, und Dr. h.c. Annette Kurschuss, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen.

„Ankommen, sich umschauen, vertraut werden, sich wundern“ - mit einem Blick auf die Visitation predigte Präses Annette Kurschuss über den Apostel Paulus.

Begleitet wurde der Gottesdienst von viel Musik.

Auch das Visitationsteam wurde im Gottesdienst vorgestellt.

16 landeskirchliche Vertreterinnen und Vertreter - Mitglieder der Kirchenleitung, zwei Superintendenten/innen, sowie Fachleute aus landeskirchlichen Bezügen - sind vier Tage lang in dem Kirchenkreis zu Gast. Sie besuchen vielfältige Veranstaltungen, Gremien und Gruppen, machen sich ein Bild vom kirchlichen Leben in der Region und führen Gespräche mit Mitarbeitenden des Kirchenkreises vor Ort und Vertreter/innen der Stadtgesellschaft.
Die Predigt beim Eröffnungsgottesdienst hielt die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, die das Visitationsteam leitet. Mit beteiligt waren der Superintendent des gastgebenden Kirchenkreises Heiner Montanus, Mitglieder des Kreissynodalvorstands sowie eine Wattenscheider Kirchenband, der Posaunenchor Ückendorf und der Bläserkreis Wattenscheid, das Vokalensemble ‚Gevokal‘ und Kreiskantor Andreas Fröhling, die alle dem Gottesdienst einen musikalisch vielfältigen, hochwertigen Rahmen verliehen. Annette Kurschus verwies in ihrer Predigt auf die Gelassenheit, mit der der Apostel Paulus die Suche der Menschen nach Gott quittiert, als er sich im für ihn unbekannten Athen umschaut. „Ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott“, heißt es in der Apostelgeschichte (17,23). Zwar sage Paulus den Leuten sehr klar und deutlich, welchen Gott er liebe und lobe; wie er diesen Gott erfahre und ehre, so Kurschus: „Aber vor allem und zuerst kann Paulus erkennen und anerkennen: Auch die Menschen in dieser fremden Stadt wissen von Gott und um Gott. Mehr noch: Paulus geht davon aus, dass Gott um diese Menschen weiß. Dass sie umgeben sind von Gott, mit Gott verwandt.“

Wohl sei Gelsenkirchen nicht Athen, und auch nicht Wattenscheid, sagte die Präses mit Augenzwinkern. Aber so wie Paulus in Athen aufgetreten sei, wünsche sie sich auch ihre Kirche, Christen und Christinnen. „Als Menschen, die wissen, was sie glauben. Die wissen, was sie wollen. Die zu ihrem Glauben stehen und daraus kein Hehl machen. Als Männer und Frauen, die gegründet sind in ihrer Gewissheit. Und die trotzdem – oder vielmehr gerade deshalb – nicht mit dem Dünkel durch die Welt laufen, sie hätten die Wahrheit gepachtet.“Kirche solle eine wache, nachdenkliche und neugierige Gemeinschaft sein, „die Gott nicht nur im Bekannten glaubt und erwartet“, sondern ihn auch dort ahne, wo es anders sei. „Irritierend anders bisweilen. Und beglückend anders hier und da.“

„Ankommen, sich umschauen, vertraut werden, sich wundern“, all das gehöre zu einer Visitation, sagte Annette Kurschus, „Sich umsehen und verstehen. Zuhören und teilnehmen. Staunen. Sich selbst und das Eigene in Frage stellen lassen. Und dann – wirklich erst dann, aber dann auch wirklich! – aufstehen und einstehen und, wenn es sein muss, widerstehen.“ Und letztlich: Gott wahrnehmen und für Gottes Wahrheit einstehen – und das nicht nur, wenn gerade Visitation ist.Sie frage sich, so Kurschus, wo und wie das Besuchsteam auch in Gelsenkirchen und Wattenscheid den „unbekannten Gott“, finden werde, über dessen Altarinschrift Paulus bei seinem Besuch in der ihm unbekannten Stadt gesprochen habe. Und sie sei gespannt auf Menschen im Kirchenkreis, die wie Paulus „nicht verstecken, dass sie glauben und was sie glauben. Menschen, die davon reden. Und die jede Menge tun.“

Schon vor dem abendlichen Eröffnungsgottesdienst hatten Superintendent Heiner Montanus und der Kreissynodalvorstand das Visitationsteam in Empfang genommen. Auf einer Busfahrt, die sie zum Zechenturm am Gelsenkirchener Nordsternpark, zur historischen Bleckkirche und schließlich zum Gemeindezentrum an der Alten Kirche in Wattenscheid führte, brachten die Gastgeber ihren Gästen erste Informationen über den Kirchenkreis nahe und stimmten sie auf die Begegnungen der kommenden Tage ein. Die Visitation wird am Mittwoch mit einer Pressekonferenz von Präses und Superintendenten und einem anschließenden Schlussempfang im ‚Zoom Erlebniszentrum‘ am Gelsenkirchener Zoo zu Ende gehen.

 

Text: Wolfram Scharenberg

Fotos: Cornelia Fischer