GELSENKIRCHEN - Mit einem Ökumenischen Gebet für den Frieden hat am Sonntag, 16. September, die Kundgebung "Gelsenkirchen stellt sich quer" begonnen. Rund 250 Menschen waren der Einladung in die Evangelische Altstadtkirche am Heinrich-König-Platz gefolgt, unter ihnen auch Frank Baranowski, Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen.
Pfarrerin Kirsten Sowa hieß alle Gäste im Namen des Evangelischen Kirchenkreises ebenso wie im Namen der Katholischen Stadtkirche willkommen. "Ist's möglich, soviel an Euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden", so endet der Abschnitt aus dem 12. Kapitel des Römerbriefes, den Superintendent Heiner Montanus vortrug. Gedanken zu diesem Text, Gebet und Segen schlossen die rund zehnminütige Andacht ab.
Dann ging es unter Glockengeläut hinaus aus der Kirche - und damit mitten hinein in die Kundgebung. Als bekannt wurde, dass „Mütter gegen Gewalt“ und „Patrioten NRW“ in Gelsenkirchen auftreten wollten, hatte sich das Aktionsbündnis 16.09 gebildet und alle Gelsenkirchener Bürgerinnen und Bürger dazu aufgerufen, an der Gegenkundgebung auf dem Heinrich-König-Platz teilzunehmen, um gegen rechtes Gedankengut und für ein friedliches Miteinander zu demonstrieren.
Ausschließlich Frauen am Mikrophon
Der Evangelische Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid hatte sich diesem Aufruf angeschlossen. "Als Evangelische Kirche in Gelsenkirchen wollen wir ein friedliches Miteinander aller Religionen und Nationalitäten", sagte Superintendent Montanus. "Deswegen bitten wir Gott um seinen guten Geist für alle, die unsere Stadt lebens- und liebenswert machen."
Friedlich und fröhlich begann die Kundgebung unter dem Motto "Menschenrechte statt rechter Hetze - Gelsenkirchen stellt sich quer" rund um die Freitreppe zum Portal der Evangelischen Altstadtkirche. Da die "Mütter gegen Gewalt" (in erster Linie aus Männern bestehend) Ängste schüren, dass alle Ausländer Frauen feindselig begegnen, hatte die Organisation der Gegenkundgebung bereits in der Auswahl der Redebeiträge einen kleinen, aber feinen Nadelstich gesetzt: Statt des Oberbürgermeisters sprach Bürgermeisterin Martina Rudowitz, statt des Superintendenten sprach Pfarrerin Kirsten Sowa - kurzum, es sprachen ausschließlich Frauen.
Drei Religionen gemeinsam für Toleranz
Kirsten Sowa trat nicht nur als Pfarrerin der Emmaus-Kirchengemeinde, sondern auch als Sprecherin des Interkulturellen Arbeitskreises Gelsenkirchen vor das Mikrophon. Er hat sich bereits 1972 gegründet und setzte sich zunächst für die Zugewanderten aus Südeuropa und der Türkei ein. "Mit den Jahren ist aus der Arbeit für die Menschen eine Arbeit mit den Menschen geworden."
Erst war es der Dialog zwischen Menschen christlichen und muslimischen Glaubens, seit etwa zehn Jahren ist es ein Trialog von Judentum, Christentum und Islam: "Wir sind Partnerinnen und Partner, wir sind Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, wir sind aber auch Freundinnen und Freunde geworden, die Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus eine Absage erteilen."