Streng geheim, manchmal noch nicht einmal sich selbst eingestanden.Dinge, die wir uns nicht zu sagen trauen, schon gar nicht vor Anderen.
Pfarrerin Nina Ciesielski wies in ihrer Begrüßung zu Beginn des Gottesdienstes in der Nicolai – Kirche daraufhin, wie wichtig es ist, sich von solch quälenden Geheimnissen zu befreien: „Wir, Britta Möhring und Nina Ciesielski, glauben: Solche strengen Geheimnisse hindern auf Dauer am Leben, deshalb ist es gut, wenn wir Menschen Gelegenheit bekommen, uns davon freizumachen, damit unser Leben sich zum Guten ändern kann, damit Neubeginn möglich ist.“
Ob ich mich trauen würde? „Wer Sünde und Schuld nicht nennen kann, verspielt eine der wundervollsten Fähigkeiten, nämlich „das Recht, ein anderer zu werden“ (Dorothee Sölle). Ohne Erkenntnis der eigenen Sünde setzt
man sich selber fort, bleibt man unfrei, bis die Freiheit, sich zu verändern, verspielt ist.“ Pfarrerin Britta Möhring wies in ihrer Predigt auf das Befreiende hin, das in der Botschaft des Buß- und Bettags liegt. „Bereuen und Buße tun, sind spirituelle Praktiken, in denen wir unser Recht beanspruchen, anders
zu werden und neuartig zu leben. „Das Recht, ein anderer zu werden“, eine wunderbare Formulierung von Dorothee Sölle. Das Recht, sich zum Guten zu bekehren. Und das Geschenk, nicht immer der Gleiche bleiben zu müssen.“
In der Nicolai-Kirche kam diese frohe Botschaft gut an. Und dazu gab es immer wieder schwungvolle Chormusik. Ob mit dem „Swing low, sweet chariot" oder dem „Good News“, arrangiert von Wolfgang Kelber, die Gospelchöre 4tuneUp! und TonLight sorgten unter der Leitung von Kirchenmusiker Ingmar Stiller immer wieder für besondere Momente.
Im Mittelpunkt der Andacht das Gleichnis vom Feigenbaum: Ein Weinbergbesitzer hatte einen Feigenbaum gepflanzt, der aber auch nach drei Jahren noch immer keine Früchte trug. „So hau ihn ab! Was nimmt er dem Boden die Kraft“, sprach er zu seinem Weingärtner. Er fordert ihn auf, den Baum auszuhauen, damit dieser nicht länger den Boden entkräfte. „Herr, lass ihn noch dies Jahr, bis ich um ihn herum grabe und ihn dünge.“ Der Weingärtner schlägt dem Besitzer vor, dem Feigenbaum noch eine Chance zu geben. den Boden ringsum den Feigenbaum umzugraben und zu düngen. Überraschenderweise ist es in diesem Gleichnis der Weinbergbesitzer, der umkehrt und sein Vorhaben überdenkt, er, der so hart und unbarmherzig erschien. „Der Feigenbaum symbolisiert in der Bibel in besonderer Weise die Fruchtbarkeit des Verheißenen Landes und das in ihm mögliche gute Leben in Sicherheit, Gerechtigkeit und Frieden. Pflegen und Düngen der Verheißung: gegen die Hoffnungslosigkeit. Und das Gleichnis stellt genau das als „Umkehr“ dar“, stellt Pfarrerin Möhring in ihrer Predigt heraus.
Und wie genau diese Umkehr in dem Gleichnis, also die hoffnungsvolle Pflege eines Feigenbaumes konkret aussehen kann, erläuterte Friedhofsgärtner Christian Gerlemann dann im Interview: „Der Feigenbaum steht ja in einem Weinberg, deshalb wird der Boden da trocken sein. Man könnte vielleicht einen Gießring anlegen.“ Und ab dem Frühjahr dann regelmäßige Pflege durch Umgraben und Düngen, dann könne man schon bald sehen, ob es dem Feigenbaum besser geht und ob er bald Früchte tragen kann.
Die Gemeinde im gut besuchten Gottesdienst betete : „Du, Gott, der Neues schafft, du hälst uns nicht gefangen in den Folgen unseres Handelns. Du gibst uns die Chance, neu zu beginnen.“ Ein freudvoller, schwungvoller Gesang der Chöre unterstrich die Fröhlichkeit dieses Buß- und Bettagsgottesdienstes. Buß- und Bettag, als Möglichkeit von Umkehr und Neubeginn.
Und beim Ausgang erhielt jeder Besucher ein Give away: Ein Kärtchen mit dem Gleichnis vom Feigenbaum und einige Düngerstäbchen, um zuhause einen Feigenbaum oder andere Pflanzen hoffnungsvoll wachsen zu lassen.
Text: Frauke Haardt-Radzik
Fotos: Cornelia Fischer