„Später sagen wir Entschuldigung“

Deeskalationstraining „Achtsamkeit und Anerkennung“ in Wattenscheid

Angelika Brinkmann führte mit den Kindern der Wattenscheider Ludwig-Steil-Kindertagesstätte ein Deeskalationstraining durch. FOTO: NORBERT PHILIPP

 

WATTENSCHEID – Die Kinder toben und schreien, klettern an den Sprossen in der Turnhalle hoch und runter. Plötzlich ertönt ein schriller Pfiff. Die Blicke der 23 Kinder richten sich auf Angelika Brinkmann, der Frau mit der Trillerpfeife im Mund: „Jetzt bilden wir einen Kreis und werden ganz ruhig und achten dabei aufeinander.“

„Unachtsamkeit und Nachlässigkeit im Umgang miteinander sind eine der Wurzeln von Gewalt und Rassismus“, erläuterte Brinkmann. Hier beginnt die pädagogische Arbeit der 47-jährigen Deeskalationstrainerin: „Wichtige Voraussetzungen für konstruktive Umgangsformen sind deshalb, auf den Anderen zu achten und ihm Vertrauen zu schenken.“

Zusammen mit der Diplom-Pädagogin Sigrun Wohlrab (38) leitet sie den Kurs in der Evangelischen Ludwig-Steil-Kindertagesstätte, der ab Juni und nach den Sommerferien in weiteren vier Wattenscheider Einrichtungen angeboten wird.

„Gewalt, Diskriminierung und Rassismus begegnen uns heute überall. Wer diese Gewalt verhindern oder deeskalieren will muss vorher genau wissen, wo die Ursachen liegen“, berichtete Wohlrab. „Kinder im Vorschulalter haben noch keine Routine im Umgang miteinander, sie müssen den Umgang immer wieder neu trainieren. Damit wollen wir verhindern, dass Konflikte mit Siegern und Verlieren enden.“

Genau an dieser Stelle setzt das Deeskalationstraining „Achtsamkeit und Anerkennung“ an. In den fünf Wattenscheider Kindertagesstätten wird der als Präventionsmaßnahme konzipierte Kurs angeboten, damit Gewalt und Rassismus erst gar nicht aufkommen.

„Ich finde das Deeskaltionstraining wichtig, weil wir festgestellt haben, dass unsere Kinder Konflikte häufiger mit Gewalt lösen. In den frühen Entwicklungsjahren eines Menschen ist es aussichtsreich zu lernen, Konflikte ohne Gewalt zu lösen“, so die Leiterin der Ludwig-Steil-Kindertagesstätte Simone Zimmeck-Gantenberg. Die acht Stunden umfassende Kurseinheit kann nach ihrer Meinung nur ein Anfang sein. „Wir als Erzieherinnen müssen an diese Maßnahme anknüpfen und dabei die Erfahrung der Kinder aufnehmen“.

Die beiden sechsjährigen Mädchen Mame Mane und Melina jedenfalls beschreiben genau, wie sie schon heute miteinander umgehen: „Manchmal streiten wir uns. Später gehen wir nach draußen und sagen Entschuldigung. Dann haben wir uns wieder vertragen.“, erzählt Mame Mane aus dem Senegal. NP