GELSENKIRCHEN – „Das Wort ‚palliativ’ leitet sich ab vom lateinischen pallium, das heißt ‚der Mantel’“, erklärt Dr. Jutta Schröder. Seit November letzten Jahres ist die gelernte Fachärztin für Anästhesie, Spezielle Schmerztherapie und Palliativmedizin zuständig für Menschen mit chronischen und akuten Schmerzen in den Evangelischen Kliniken. „Der Mantel für Schmerzpatienten kann vielfältig sein: soziale Kontakte, Hilfe von Freunden und der Familie, Hilfeleistungen von außen, eine Hospizgruppe, Medikamente gegen die Schmerzen oder die Angst“, erläutert die Schmerztherapeutin. Schmerz ist nicht gleich Schmerz. Jeder Patient nimmt Schmerzen unterschiedlich wahr. Je individueller eine Schmerztherapie auf die Bedürfnisse eines Patienten zugeschnitten ist, umso erfolgreicher kann der Schmerz behandelt werden. Hilfsmittel in der Kommunikation zwischen Patient und Ärztin ist unter anderem eine Schmerzskala. Zwischen einem lachenden und einem weinenden Smiley, zwischen den Werten 0 und 10 kann der Patient seinen Schmerzgrad veranschaulichen. Dann kann Dr. Schröder mit der Behandlung beginnen und jeden Tag Entwicklungen und Fortschritte messen. „Mein Ziel ist es, die negative Schmerzspirale, in der sich die Patienten befinden, mit kleinen, regelmäßigen Schritten zu verlassen. Viele Patienten klagen: Ich möchte gerne spazieren gehen, aber ich habe solche Schmerzen. Ich versuche, sie dazu zu bringen, mit ihren Schmerzen anders umzugehen, bis sie denken können: Ich möchte gerne spazieren gehen und ich habe Schmerzen. Ich kann schmerzarm schöne, kleine Dinge erleben, Tiefe in Kleinigkeiten erspüren.“
In ihre Schmerzambulanz kommen Menschen, die oft schon eine jahrelange Ärzte-Odyssee hinter sich haben und chronische Rücken-, Kopf- oder Muskelschmerzen ertragen. Als gräulich und schrecklich beschreiben sie ihre Schmerzen. Oft fühlen sie sich dadurch in die soziale Isolation gedrängt, sehen sich außerstande, ihre Hobbys weiter zu führen oder Freunde zu besuchen. „Zunächst müssen wir gemeinsam herausfinden, wo genau der Schmerz sitzt“, erklärt die Schmerztherapeutin. Da gilt es, abzugrenzen, wo sich die Schmerzkrankheit vielleicht schon verselbständigt hat. Oft helfen individuell dosierte Schmerzmittel, Spritzenserien, Infusionen oder Akupunktur. Den körperlichen Schmerz kann Dr. Schröder mit Medikamenten behandeln, den sozialen, psychischen und spirituellen Schmerz durch Begleitung. „In der Palliativmedizin möchte ich die Angst und die Unruhe vor Leid am Lebensende nehmen.“ Ob Schlaganfallpatienten oder Patienten aus der Tagesklinik, ob internistische Patienten oder Patienten aus der Unfallchirurgie: die Zusammenarbeit mit allen Kliniken klappt gut und gebraucht wird die Schmerztherapeutin überall. „Wir planen, für die chronischen Schmerzpatienten eine 14-tägige stationäre Schmerztherapie mit den Psychiatern anzubieten. Ein Behandlungspfad wird gerade mit allen Therapeuten gemeinsam entwickelt“, engagiert sich Dr. Jutta Schröder. „Auf dem Weg zum schmerzarmen Krankenhaus müssen wir mit allen Kliniken, den ärztlichen und pflegerischen Kollegen, daran arbeiten, ein möglichst einheitliches Konzept zur qualifizierten Schmerztherapie zu entwickeln und zu leben.“ -lee