„Nie wieder ist jetzt!“ und „Wir gedenken der Opfer der Novemberpogrome von 1938!“ war auf einigen Plakaten zu lesen. Der Zug setzte sich langsam in Bewegung, hier und da nur leise Gespräche. Das Ziel war in diesem Jahr der zwei Kilometer entfernte Jüdische Friedhof Ückendorf.
Vor dem Betreten des Friedhofs wurden an männliche Teilnehmer Kippot verteilt, die typische jüdische Kopfbedeckung.
„Auch in Gelsenkirchen brannte die Synagoge mitten in der Gesellschaft, mitten in der Stadt“, erinnerte Slava Pasku, 1. Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, während der Kundgebung an die Geschehnisse des 9. November 1938. „Das Erinnern ist ein Auftrag an uns alle. Dass Sie gekommen sind, ist ein Zeichen der Gemeinschaft!“ Pasku bekräftigte die Bedeutung, die auch diese Kundgebung, die in Gelsenkirchen seit 60 Jahren jährlich stattfindet, für die Demokratie und ein friedliches Zusammenleben hat: „Erinnern heißt, das Menschliche zu verteidigen, jeden Tag neu!“
Auf diesem Friedhof in Gelsenkirchen Ückendorf ist auch Kurt Neuwald begraben. „Von 26 Mitgliedern der Gelsenkirchener Familie Neuwald überlebten nur zwei – alle anderen wurden ermordet.“ Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Andrea Henze, Schirmherrin der Demokratischen Initiative, sprach in ihrer Rede davon, dass Kurt Neuwald nach dem Krieg etwas ganz Erstaunliches tat, etwas, was uns bis heute staunen lasse: „Er ist nach Gelsenkirchen zurückgekehrt, um erneut eine Jüdische Gemeinde aufzubauen – und um seine Heimatstadt nicht den Tätern zu überlassen.“ Damit hätten nun alle den Auftrag, den Geist der Täter zu bannen, ihm keinen Raum in Gelsenkirchen zu bieten. „Nur wer weiß, wozu jene Form von Hass und Hetze führen kann, die damals in Deutschland herrschte und die wir zusehends wieder erleben – nur der ist wach genug, sich dem entgegenzustellen. Und das müssen wir, heute mehr denn je, und das spüren und wissen wir alle.“
Der zum Ehrenbürger seiner Stadt ernannte Kurt Neuwald hat erreicht, dass es wieder eine lebendige Jüdische Gemeinde in Gelsenkirchen gibt. Als sichtbares Zeichen dieser Gemeinde sprach Diana Bauer vom Jugendzentrum Chesed einige Grußworte. Mutig bekräftigte sie, dass die Jüdische Gemeinde und eben auch die Jugendorganisation auch zukünftig dazugehören werde.
Nach dem Kaddisch, dem Jüdischen Gebet, stimmten alle Anwesenden ein in das Moorsoldatenlied, verfasst von Insassen des Konzentrationslagers Börgermoor, eindrücklich und bewegend.
Text: Frauke Haardt-Radzik
Fotos: Cornelia Fischer



