GELSENKIRCHEN – Der argentinische Schriftsteller Osvaldo Bayer war am Abend des 29. Januar in der Evangelischen Lukas-Kirchengemeinde Buer-Hassel zu Gast. Mitgetragen wurde die Veranstaltung von der Elisabeth Käsemann-Familienbildungsstätte.
Osvaldo Bayer zeigte den Film „Dass du zwei Tage schweigst unter der Folter“, der über das Leben, die Folter und die Ermordung Elisabeth Käsemanns berichtet. Elisabeth Käsemann, Tochter des bekannten Tübinger Theologieprofessors Ernst Käsemann, wurde am 11. Mai 1947 in Gelsenkirchen geboren. Seit 1968 lebte sie in Lateinamerika, zuletzt mehrere Jahre in Argentinien. In der Nacht vom 8. auf den 9. März 1977 entführten sie argentinische Sicherheitskräfte aus ihrer Wohnung in Buenos Aires. Sie wurde anschließend in Konzentrationslagern gefoltert und am 24. Mai 1977 ermordet.
Osvaldo Bayer, der das Drehbuch zu diesem Film geschrieben hatte, verlas vor Beginn des Films die Rede, die er am 21. Juni 1980 am Grab Elisabeth Käsemanns in Tübingen gehalten hatte. „Elisabeth Käsemann ist zu einem Symbol für internationale Solidarität geworden. Diese deutsche Frau gab ihr Leben für das argentinische Volk. Das verpflichtet uns“, bekannte Bayer.
Frieder Wagner, der Regisseur des Films aus dem Jahr 1991, war ebenfalls in der Lukas-Kirche anwesend. Er berichtete über die Schwierigkeit, den Vater Elisabeths, Ernst Käsemann, zum Reden über seine Tochter zu bewegen. „Heute glaube ich zu wissen, warum das so war. Ernst Käsemann hatte gefürchtet, seine Tochter habe als Widerstandskämpferin getötet“, erläuterte Wagner. Der Film beweist eindrucksvoll das Gegenteil. In einem Brief an den Regisseur bezeichnet Ernst Käsemann den Film schließlich als notwendigen Bußruf.
Die anschließende Diskussion in der Lukas-Kirche thematisierte unter anderem das Versagen des Auswärtigen Amtes bei dem Bemühen, Elisabeth Käsemann aus dem Konzentrationslager frei zu bekommen. Auch kam die Doppelmoral in den deutsch-argentinischen Beziehungen zur Zeit der Militärdiktatur zur Sprache.
Nicht von ungefähr fand die Veranstaltung in der Evangelischen Lukas-Kirchengemeinde Buer-Hassel statt. Nach Worten von Pfarrer Dr. Rolf Heinrich „will die Gemeinde weltweite Erfahrungen stärker in ihr eigenes Leben integrieren.“ Dazu wird noch in diesem Frühjahr eine Delegation nach Argentinien fahren, um vor Ort Kontakt zu einer Gemeinde zu knüpfen. DB