GELSENKIRCHEN - Am vergangenem Mittwoch, 30. Juli, hat Superintendent Rüdiger Höcker der jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen eine Spende in Höhe von 2500 Euro überreicht. Sie unterstützt die aufwendige Entfernung des Hakenkreuzes, das am 15. Mai von Unbekannten an die Außenmauer der Synagoge geschmiert wurde. Der Betrag ist durch eine eigens dafür eingeleitete Sonderkollekte der evangelischen Kirchengemeinden zusammengekommen.
Verantwortung übernehmen
Zahlreiche Mitarbeitende sowie Pfarrerinnen und Pfarrer des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid sind bei der Übergabe der Spende an Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen, dabei gewesen. Die Spendenaktion war von dem Wunsch getragen, nicht nur ein Zeichen der Solidarität zu setzten, sondern vielmehr der gesellschaftlichen Verantwortung nachzukommen, bei derartigen antisemitischen Übergriffen die jüdische Gemeinde nicht im Stich zu lassen. Erst am 14. Juli wurde bei einer weiteren Attacke auf die Gelsenkirchener Synagoge mit einem Gullideckel ein Fenster beschädigt.
Auf jegliche Form von Diskriminierung reagieren
Rüdiger Höcker überreichte die Spende im Rahmen einer bewegenden Ansprache. Er betonte, dass „wir Christinnen und Christen nie wieder schweigen wollen, wenn Synagogen mit Hakenkreuzen und anderen antisemitischen Sprüchen beschmiert werden“. Die Aufgabe sei, sich „gegen jede Form des Nationalismus, Rassismus und Militarismus zu stellen und uns einzusetzen für eine offene, multikulturelle und multireligiöse Gesellschaft“. Höcker erinnerte an die Verpflichtung der abrahamitischen Religionen zum Trialog sowie an die Aufgabe der offenen Gesellschaft „ höchst sensibel auf jede Form von Diskriminierung zu reagieren“. Für Judith Neuwald-Tasbach waren dies Worte, „die direkt zu Herzen gehen“. Die letzten Wochen hätten die Gemeinde sehr beunruhigt, „da tut es gut zu wissen, dass wir Freunde haben, die für unsere Gesellschaft eintreten“. Derzeit wird die Synagoge noch rund um die Uhr von der Polizei überwacht. Wie sie die Polizeipräsenz und die Ereignisse den Kindern und Jugendlichen erklären solle, wenn diese aus dem Urlaub zurückkommen, wisse sie noch nicht.
Miteinander ins Gespräch kommen
Viele der Anwesenden folgten Tasbach-Neuwalds Einladung, an einem Rundgang durch die hellen, modern gestalteten Räumlichkeiten der Synagoge teilzunehmen – ein Ort, an dem nicht nur die Religion, sondern auch die reichhaltige jüdische Kultur gelebt wird und Begegnungen stattfinden. Wichtig sei dabei die Öffnung der Gemeinde. „Jeder ist hier herzlich willkommen jüdisches Leben nicht im Museum sondern „in Betrieb“ kennenzulernen, unsere Veranstaltungen und auch den Gottesdienste zu besuchen“. Der Rundgang endete im Innenhof, in dessen Mitte unter freiem Himmel eine Zypresse wächst. Unübersehbar sind die an der Wand angebrachten zahlreichen Namen der aus Gelsenkirchen deportierten Jüdinnen und Juden. Sie verdeutlichen, dass in der jüdischen Gemeinde großer Wert auf das Gedenken gelegt wird. Im Hinblick auf den Anlass des Besuchs betonte Tasbach-Neuwald wie wichtig es sei, miteinander ins Gespräch zu kommen: „Um Vorurteile abzubauen führen wir auch Schulklassen durch die Synagoge und zeigen jüdisches Leben. Wir zeigen gemeinsame Werte auf - die Religion als Wegweiser für das Leben, und das ist in allen Religionen gleich.“