Denn das Experimentieren mit musikalischen Grenzerfahrungen, die fremdes, unbekanntes Terrain betreten, bildet eine eigene schöpferische Tradition“, formulierte Schirmherr Prof. Dr. Norbert Lammert in seinem Grußwort.
Andreas Fröhling machte in seinen Anmerkungen zu den verschiedenen Musikstücken solche musikalischen Grenzgänge gleich bei seinem ersten gespielten Stück, eben der Toccata d-Moll aus: „Bach schrieb sehr unterschiedliche Tempi für dieses Stück vor, dabei sind viele Grenzgänge, häufige Tempowechsel zu hören.“ So werden Kontraste geschaffen, die musikalische Dramatik wird verstärkt, indem virtuose, schnelle Passagen mit langsameren Teilen abwechseln.
Sodann widmete sich Andreas Fröhling im weiteren Konzertverlauf den verschiedenen Ritualen des Orgelspiels und an der Orgel, durchaus mehrdeutig zu verstehen. So gehöre es etwa zu den Ritualen, dass jemand dem Organisten beim Registrieren zur Seite stehe. „Darauf verzichte ich heute einmal“, so Fröhling. Und auch mit dem Ritual der schwarzen Kleidung hat er bei diesem Konzert gebrochen, es sei ihm schlicht zu heiß. Drittes Organistenritual seien die Schuhe, hier habe er nichts verändert.
Im Folgenden standen dann die musikalischen Rituale für Orgel von Nicolaus A. Huber im Mittelpunkt. Vier Sätze hat der 1939 in Passau geborene Huber dazu komponiert, 1. Satz, das Ritual des Registrierens. Klingt wie eine knappe, konkrete musikalische Anleitung zum Orgelspiel, zeigt sich aber sehr vielschichtig. Andreas Fröhling spielt zunächst Hubers Stück, anschließend greift er die Grundidee des I. Rituals, das Registrieren, mit Olivier Messiaens „Apparation de L`eglise éternelle“ auf.
Dann, immer im Wechsel, erst Huber, dann ein dazu passender Komponist. So auch beim 2. Satz, das II. Ritual des Kanons. „Bei Huber ist das eine winzige Skizze, auch für mich als Spieler kaum zu erkennen“, erläutert Fröhling zwischen den Stücken. Zum Thema Kanon folgt dann Robert Schumanns Studie in As-Dur – Innig op. 56/4, aus „Sechs Studien für den Pedalflügel“, Stücke in kanonischer Form. Ein inniges Stück, melodiös.
Auch hier führt Andreas Fröhling die Vielfalt, das ganze „Können“ der Schuke - Orgel in der Altstadtkirche dem Publikum vor. Und wer mochte, konnte dem Organisten dabei per Videoübertragung auf eine Leinwand im Altarraum über die Schulter und ganz genau auf die Finger schauen.
Es folgte Hubers III. Ritual der Triosonate bzw. des Trios. „Das Trio aus der einen Hand auf der Registratur, der anderen Hand auf der anderen Registratur und 3. die Füße auf den Pedalen. Aus diesem Trio entstehen viele Orgelstücke“, so Fröhling und führt dies musikalisch meisterhaft mit Bachs „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ vor. Hubers IV. Ritual der Improvisation, das Ritual der aleatorischen Improvisation und des tiefen Pedaltons folgt und wird beispielhaft mit dem abschließenden Stück „Concerto C-Dur „Grosso Mogul“, I Allegro, von Antonio Vivaldi, in einer Transkription von Johann Sebastian Bach, musikalisch beeindruckend demonstriert.
Kleine ruhige Verschnaufpause, dann dankt das Publikum mit reichlich Applaus und Bravorufen für dieses meisterhafte Vorführen der Königin der Instrumente.
Organist Fröhling wiederum bedankte sich augenzwinkernd „mit einem weiteren Ritual des Orgelspielers, der Zugabe“.
Das zweite Konzert des diesjährigen Orgelfestival Ruhr in Gelsenkirchen findet am 20.7. mit der ungarischen Organistin Zita Nauratyill ebenfalls in der Altstadtkirche statt.
Text: Frauke Haardt-Radzik
Fotos: Cornelia Fischer