GELSENKIRCHEN/MOROGORO – 2013 ist nicht nur das Jahr der Wasserschlange (Chinesisches Horoskop), der Luft (Europäische Union), des Wassers (Unesco) und der Toleranz im Rahmen der Reformationsdekade. 2013 ist auch das Jubiläumsjahr für die Partnerschaft zwischen dem Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid (Deutschland) und dem Kirchenkreis Morogoro (Tansania). 1983 entstand der Partnerschaftsvertrag. In den letzten 30 Jahren hat es viele gegenseitige Besuche und regen Austausch gegeben. „Die Partnerschaft ist erwachsen geworden“, sagte Pfarrer Klaus Venjakob nach dem jüngsten Besuch, den er im Juli 2012 mit Superintendent Rüdiger Höcker gemacht hat.
Im Jubiläumsjahr wird es einen weiteren Partnerschaftsbesuch geben: Vom 6. bis zum 20. Juni sind sechs Männer und Frauen aus Morogoro in Gelsenkirchen und Wattenscheid zu Gast. Grund genug, den tansanischen Kirchenkreis, der unter so ganz anderen Bedingungen existiert, in einigen Aspekten vorzustellen.
Friedliche Beziehungen – nicht ohne Konkurrenz
Die Stadt Morogoro liegt rund zwei Autostunden westlich von Daressalam, hat derzeit über 200.000 Einwohner und verzeichnet ein ständiges Wachstum. Für ganz Tansania wird geschätzt, dass rund 40 % der Einwohner christlichen Religionen angehören, 40 % sind Muslime und 20 % folgen einer der Naturreligionen. Dieses Verhältnis wird ungefähr (genaue Zahlen gibt es nicht) auch für Morogoro und das unmittelbare Umland gelten. Die 40 % Christen verteilen sich auf die Römisch-Katholische Kirche, eine Reihe von Pfingstkirchen, die Herrnhuter Brüder-Unität und die Lutheraner, zu denen der Kirchenkreis Morogoro als Teil der „Evangelisch-Lutherischen Kirche Tansanias“ zählt. „Die Kirchen, ja sogar die Religionen haben ein friedliches Verhältnis zueinander“ berichtete Venjakob, „aber man muss auch klar sehen, dass sie in Konkurrenz zueinander stehen, wenn es um das Gewinnen neuer Mitglieder geht.“
Nicht zuletzt deshalb sind derzeit in den Stadtteilen Mjympya, Majengo und Mazimbu große Neubauten von Kirchen im Entstehen. Das ist ein bisschen wie in den USA, wo in manchen Städten an einer Straßenkreuzung im Zentrum vier Kirchen verschiedener christlicher Ausrichtungen stehen, eine schöner und größer als die andere, um Kraft und Stärke zu demonstrieren. Doch es gibt noch einen weiteren Grund für die Neubauten. Die Gemeinde im Stadtteil Mjympya etwa hat 1.300 erwachsene Mitglieder – und die kommen fast alle jeden Sonntag zum Gottesdienst, meistens mit ihren Kindern – ein Gottesdienstbesuch, wie man ihn hierzulande eigentlich nur noch am Heiligabend erleben kann. Da platzen die kleinen, bescheidenen Kirchen der ersten Generation aus allen Nähten, selbst wenn mehrere Gottesdienste hintereinander gefeiert werden. In Majengo sind es 800 Mitglieder, in Mazimbu 650. Von den größeren Gemeinden sind nur in Bungo (700) und Kola (600) derzeit (noch) keine neuen Kirchen geplant.
Die Chamba bringt das Essen auf den Tisch
Insgesamt hat der Kirchenkreis Morogoro rund 17.000 Gemeindeglieder in 13 Kirchengemeinden. Es gibt 15 Pfarrerinnen und Pfarrer, 19 Evangelisten und 8 Parish-Workers. Ein Pfarrer verdient rund 100 Euro pro Monat. Wie von 100 Euro eine meist mindestens vierköpfige Familie leben soll? Jedenfalls geht das nicht ohne eine „Chamba“. Das ist eine kleine Farm, auf der die Familie Gemüse anbaut und ein paar Tiere hält: Ziegen, Schweine, Hühner und manchmal sogar Rinder. Auf der Chamba wird also der Lebensunterhalt erwirtschaftet, teilweise durchaus mit zusätzlichen Arbeitskräften, aber sie bindet auch Zeit und Kraft des Pfarrers selbst. Hauptamtlichkeit definiert sich in Morogoro anders als in Gelsenkirchen.
„Natürlich sind die Lebenshaltungskosten in Tansania viel niedriger als in Deutschland“, hat Venjakob erfahren, „doch an einem Punkt sind alle kirchlichen Mitarbeiter wirklich auf unsere Hilfe angewiesen: bei der Ausbildung ihrer Kinder.“ Nur die Primary School, sozusagen die Grundschule bis zum 7. Schuljahr, ist in Tansania kostenfrei. Der Besuch einer weiterführenden (Secondary) Schule kostet Geld, wobei die öffentlichen Schulen günstiger sind als die Privatschulen, aber auch wesentlich schlechtere Lernbedingungen bieten.
Beihilfe zum Schulgeld ab der achten Klasse
Um den Kindern der kirchlichen Mitarbeiter eine möglichst gute Bildung zu ermöglichen, hat der Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid gemeinsam mit den tansanischen Partnern ein Subventionsprogramm entwickelt. Jedes Kind, das sich für Secondary School (8.-11. Schuljahr) qualifiziert hat, bekommt eine jährliche Unterstützung von 200 Euro. Insgesamt beträgt das Schulgeld im Internatsbetrieb rund 800 Euro/Jahr, entsprechend weniger, wenn das Kind zuhause wohnt. „Aber das geht natürlich oft gar nicht, weil die Entfernungen zu weit sind“, so Venjakob.
Für das Programm „Schulgeldbeitrag“ bittet der Partnerschaftsausschuss des Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid (Vorsitzender: Pfarrer Klaus Venjakob) herzlich um Unterstützung. Das Spendenkonto hat die Nummer 101.077.238, bei der Sparkasse Gelsenkirchen, BLZ 420 500 01, Stichwort „Schulgeldbeitrag“.