EvH Bochum und FH Münster erproben neues akademisches Berufsbild in der Pflege

Bochum - In Großbritannien oder den USA gehören sie vielerorts schon zum Standard, in Deutschland sind sogenannte Advanced Practice Nurses (APN) in Krankenhäusern und stationären Einrichtungen noch eine echte Seltenheit. APN sind Pflegefachkräfte, die über ihre berufliche Ausbildung hinaus eine Qualifikation auf Master-Niveau besitzen. Oft sind sie zusätzlich spezialisiert auf besondere Versorgungsbedarfe, die beispielsweise bei älteren Menschen durch chronische Erkrankungen auftreten.

© Dieter Pfennigwerth/ Bergmannsheil

Sie unterstützen beruflich qualifizierte Pflegefachpersonen bei komplexen Herausforderungen: „Die Zahl der älteren Menschen in der Gesellschaft nimmt stetig zu. Diese Personengruppe weist ein erhöhtes Risiko für traumatologische Ereignisse auf, etwa durch Stürze. In der Folge ist oft ein Krankenhausaufenthalt nötig, der z. B. aufgrund von Vorerkrankungen mit einem hohen Risiko für das Auftreten von Komplikationen während des Aufenthalts verbunden ist“, erklärt Naomi Kuske-Neumann, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der EvH. Im Forschungsprojekt PATIENCE untersucht sie, wie Advanced Practice Nurses künftig in multiprofessionellen Teams in der Versorgung alterstraumatologischer Patient_innen eingesetzt werden können, um für komplexe Versorgungsanforderungen Lösungen zu finden.

Dazu arbeitet die Nachwuchswissenschaftlerin eng mit Fachkolleg_innen der FH Münster sowie mit beteiligten Akteur_innen vom Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum zusammen. „Unser Projekt ist partizipativ angelegt“, sagt Kuske-Neumann. „Das heißt, wir beziehen alle relevanten Gruppen über den gesamten Forschungsprozess hinweg mit ein – vom medizinischen und therapeutischen Personal bis hin zu den Patient_innen oder den Angehörigen.“  Vor allem in der Alterstraumatologie sind die Anforderungen an die Pflege und Betreuung während eines Krankenhausaufenthalts deutlich erhöht: „Viele der Patient_innen leiden besonders häufig an einer oder mehreren alterstypischen Erkrankungen wie Diabetes oder kognitiven Einschränkungen“, sagt die Wissenschaftlerin. Dies kann nicht selten zu herausforderndem Verhalten, Desorientierung oder anderen Komplikationen führen, für die der Einsatz von APN nützlich sein kann. Auch ob die Übertragung internationaler Ergebnisse zum Einsatz von APN in das deutsche Gesundheitssystem möglich und sinnvoll ist, wird im Projekt PATIENCE wissenschaftlich untersucht.

Nach intensiver Literaturrecherche, Erhebung der zentralen Versorgungsbedarfe und anschließender Auswertung in gemeinsamen Denkwerkstätten mit den Beteiligten, geht das Forschungsprojekt nun in die nächste wichtige Phase: Die Forschenden haben ein Rollen- und Aufgabenprofil für eine APN erstellt, das beschreibt, welche Qualifikationen eine solche Fachkraft mitbringen muss, welche Tätigkeiten sie übernehmen und wie die Integration ins bestehende Team funktionieren kann. „All diese Punkte fließen in eine konkrete Stellenausschreibung ein, mit der wir ab sofort eine APN suchen, die für 18 Monate im Bergmannsheil Bochum arbeitet und diese neue Rolle auf der alterstraumatologischen Station übernimmt“. Über den Erprobungszeitraum wird der Einsatz der APN vom Forschungsteam der beiden Hochschulen wissenschaftlich begleitet. Dieser unmittelbare Praxisbezug mache das Forschungsvorhaben nicht nur hochinnovativ, sondern trage im besten Fall langfristig dazu bei, Versorgungslücken auch über das Projekt hinaus zu schließen, hofft das Projektteam.

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Weitere Informationen:
Das Projekt PATIENCE wird bis 2026 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in der Förderlinie „FH-Kooperativ“ gefördert. Der vollständige Titel lautet: Partizipative Entwicklung und Implementierung einer Advanced Practice Nurse für Patientinnen und Patienten in der (Alters-)Traumatologie. Projektleiter an der EvH Bochum ist Prof. Dr. Dieter Heitmann, Experte für Pflegewissenschaft.