GELSENKIRCHEN – Heute, am 11. Mai 2012, wäre Elisabeth Käsemann 65 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass ist gestern die Erinnerungstafel an die gebürtige Gelsenkirchenerin, die 1977 von der Argentinischen Militärdiktatur ermordet wurde, feierlich enthüllt worden.
Ehrengast bei der Enthüllung dieser besonderen Erinnerungstafel war Victorio Taccetti, der Botschafter der Republik Argentiniens in Deutschland. Und das kam so: Der Ort für die Anbringung der Gedenktafel konnte nur das Haus des Evangelischen Kirchenkreises mit seiner Familienbildungsstätte sein, die seit 1993 den Namen Elisabeth Käsemanns trägt. Superintendent Rüdiger Höcker lud zur Feierstunde die argentinische Delegation der Evangelischen Kirche am La Plata ein, die sich an diesem Tag als Gast der Evangelischen Kirche von Westfalen in der Evangelischen Gesamtschule Gelsenkirchen aufhielt. Nicolás Rosenthal, einer der argentinischen Gäste, erwähnte das Ereignis gegenüber dem Botschafter – und der äußerte von sich aus ganz spontan den Wunsch, dabei zu sein.
„Dass Sie heute hier sind“, sagte Frank Baranowski, der Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen, zum Botschafter, "zeigt mir, wie ernst es Ihnen und Ihrem Land mit der Aufarbeitung der Vergangenheit ist.“ Das bestätigte Taccetti in seinem Grußwort. „Der Fall von Elisabeth Käsemann ist auch der Fall Tausender, die von der Militärdiktatur verschleppt und ermordet wurden“, sagte er. „Aber inzwischen wurden die Verantwortlichen vor Gericht gestellt. In Argentinien gibt es keine Straflosigkeit mehr. Die Aufarbeitung der Geschichte ist gelungen. Sie ist noch nicht am Ende, aber wir haben bereits eine weite Strecke zurückgelegt.“
Superintendent Rüdiger Höcker erinnerte an den langen Kampf der Eltern von Elisabeth Käsemann um Gerechtigkeit für ihre Tochter und sagte in seiner Begrüßung des Botschafters, der mit seiner Ehefrau gekommen war: „Es hat uns sehr gefreut und tief berührt, als wir erfuhren, dass Sie kommen wollten. Margret und Ernst Käsemann haben lange – und letztlich umsonst – auf ein solches Signal gewartet.“
Erst am 14. Juli 2011 haben argentinische Gerichte gegen die sieben noch lebenden Täter im Zusammenhang mit der Ermordung Elisabeth Käsemanns Haftstrafen zwischen 14 Jahren und lebenslang verhängt.
Heidi Wiesner und Brigitte Bogler zeigten als Leiterinnen der Elisabeth-Käsemann-Familienbildungsstätte auf, wie sich die Arbeit ihres Teams in allen Aspekten am Vorbild der mutigen Elisabeth orientiert. Die Arbeit mit Familien sei eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe. „Wir wissen uns mit Elisabeth darin einig, dass es wesentlich darauf ankommt, Bildungsmöglichkeiten für alle zu schaffen“, so Brigitte Bogler.
Tiefen Eindruck hinterließ bei den zahlreichen Gästen der Beitrag von Nicolás Rosenthal. Er erzählte davon, wie er als Teenager die Militärdiktatur erlebt hat. „Ich komme aus einer Mittelstandsfamilie, die wie viele andere einfach nicht wahrhaben wollte, was geschah. „El silencio es salud – die Stille ist die Gesundheit, hieß es damals.“ Elisabeth Käsemann lehre Argentinier wie Deutsche, die Wahrheit zu suchen „und von Jesu Standpunkt aus alles in Frage zu stellen.“