Eine Phase der nachholenden Anpassung

Presbyterinnen und Presbyter aus drei Kirchenkreisen empfingen Präses Alfred Buß

Präses Alfred Buß stand den Presbyterinnen und Presbytern Rede und Antwort.

Präses Alfred Buß stand den Presbyterinnen und Presbytern Rede und Antwort.

In Tischgruppen diskutierten die Teilnehmenden das Kurzreferat des Präses und formulierten ihre Fragen an ihn.

In Tischgruppen diskutierten die Teilnehmenden das Kurzreferat des Präses und formulierten ihre Fragen an ihn.

Dr. Johanna Will-Armstrong, theologische Dezernentin für den Gestaltungsraum der drei Kirchenkreise, gab Auskunft zu Fragen der Jugendarbeit und des theologischen Nachwuchses. FOTOS: CORNELIA FISCHER

Dr. Johanna Will-Armstrong, theologische Dezernentin für den Gestaltungsraum der drei Kirchenkreise, gab Auskunft zu Fragen der Jugendarbeit und des theologischen Nachwuchses. FOTOS: CORNELIA FISCHER

WATTENSCHEID – „Unsere Pfarrer sollen sich nicht um Jägerzäune und Wasserschäden kümmern müssen.“ Das sagte Präses Alfred Buß beim Studientag der Presbyterinnen und Presbyter aus den Kirchenkreisen Bochum, Herne sowie Gelsenkirchen und Wattenscheid am 18. September im Ludwig-Steil-Haus. Der leitende Theologe der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) war nach Wattenscheid gekommen, um mit den Presbyteriumsmitgliedern aus den drei Kirchenkreisen über die Frage nach der Zukunft der Kirche ins Gespräch zu kommen.

Nicht die Behebung von Wasserschäden, sondern Seelsorge und Gottesdienste seien die Schlüsselqualifikationen der Pfarrerinnen und Pfarrer, so Buß. Es sei jetzt wichtig, bei jeder kirchlichen Aufgabe genau hinzuschauen und zu entscheiden, wer was am besten könne. Entscheidungen der Presbyterien über verwaltungstechnische Vorgänge könnten von der kreiskirchlichen Verwaltung fachgerecht vorbereitet werden.

Die Konzentration auf die Kernaufgaben und die optimale Ausnutzung aller Ressourcen sei angesichts der aktuellen Lage besonders wichtig, weil die Kirche sich in einer Phase der „nachholenden Anpassung“ befinde. Der Präses machte das am Beispiel des Kirchenkreises Bielefeld fest. „Dort gab es im Jahr 1870 sieben evangelische Kirchen, 1970 waren es 38. Doch als die Entwicklung der Bevölkerung seit den siebziger Jahren wieder zurückging, haben wir nicht entsprechend zurückgebaut.“ Jetzt müssten sich alle Verantwortlichen die Frage stellen, was in zehn Jahren noch möglich sei. „Wir müssen uns heute auf die Bedingungen einstellen, damit wir nicht atemlos werden.“ Im Ruhrgebiet verschärfe sich diese Herausforderung noch weiter. „Die EKvW verliert derzeit jährlich rund 1,1 Prozent ihrer Mitglieder. In Ihren Kirchenkreisen liegt die Quote bei rund 2 Prozent“, erklärte Buß den rund 50 Presbyterinnen und Presbytern.

Untereinander besprachen sie die Denkanstöße des Präses und formulierten ihre Fragen. Im Blick auf die geforderte Nähe zu den Menschen lautete eine von ihnen: „Wie sollen wir das anstellen? Derzeit ist es eher umgekehrt, dass wir Kirchen und Gemeindehäuser schließen müssen.“ In seiner Antwort betonte Buß, das engmaschige Netz der kirchlichen Strukturen müsse heruntergesetzt werden. „Doch es ist völlig unbestritten, dass wir unsere Stadtkirchen möglichst erhalten.“ Er erzählte von einer Kirche im Osten Deutschlands, die umgebaut worden sei zu einem Zentrum, in dem viel mehr geschehe als der sonntägliche Gottesdienst. „Unter anderem hat man in der Kirche ein Amtszimmer des Pfarrers geschaffen.“

Weitere Fragen lauteten: Wie können wir es schaffen, dass unsere Jugendlichen nach der Konfirmation weiter am Gemeindeleben teilnehmen? Woher sollen wir christlich überzeugte Jugendmitarbeiter nehmen – und wie sollen wir das noch bezahlen? Hat die Entlastung der Pfarrer von der Verwaltungsarbeit das Aufstocken der kreiskirchlichen Verwaltung zur Folge? Welche finanziellen Mittel bleiben in 20 Jahren noch für die Gemeindearbeit? Ist das Assessment-Center nicht abschreckend für den theologischen Nachwuchs?

Gemeinsam mit Landeskirchenrätin Dr. Johanna Will-Armstrong ging Alfred Buß auf diese Fragen ein. Nach dem Austausch zur Zukunft der Kirche kündigte der Herner Superintendent Reiner Rimkus eine zweite Fragerunde an unter der Überschrift „Was Sie den Präses immer schon einmal fragen wollten“: Kümmert sich die Landeskirche darum, dass die Rahmenbedingungen unter dem Kinderbildungsgesetz für unsere Kindergärten nicht mehr tragbar sind? lautete eine von ihnen, und eine weitere löste im Fragen und Antworten einige Heiterkeit aus: Warum kann unser Präses nicht Bischof heißen? Soviel sei verraten: Die Kurzfassung der Antwort lautet: Weil der Kirchenkreis Wittgenstein im Jahr 1947 dagegen war.

Begonnen hatte der Studientag mit Bibelarbeiten unter der Überschrift „Was uns trägt“. Pfarrerinnen und Pfarrer aus dem Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid boten verschiedene Zugänge zur Bibel an, vom der klassischen Bibelarbeit über das ökumenische Bibel-Teilen bis zum Bibliolog.

Den gemeinsamen Studientag gibt es für die Kirchenkreise Gelsenkirchen und Bochum bereits seit einigen Jahren. Jetzt war erstmals auch der Kirchenkreis Herne mit dabei. Die drei Superintendenten Reiner Rimkus (Herne), Peter Scheffler (Bochum) und Rüdiger Höcker (Gelsenkirchen und Wattenscheid) führten abwechselnd durch das Programm.