Dunkelheit herrscht im Besucherraum der Flora. Und aus dieser Dunkelheit heraus erklingt verhalten - melancholische Lautenmusik, gespielt von Matthias Witt.
Eine Performance gegen Rassismus bot die Theatergruppe Freie Radikale. Antisemitismus, Faschismus, Rassismus, alles nur noch Geister der Vergangenheit oder doch längst wieder salonfähig? Die Schauspielerinnen Asli Beyer und Günfer Cölgecen begaben sich auf die Suche nach Antworten.
Erschütternde, leidvolle Lebenswege gingen die als „Ostjuden“ bezeichneten Menschen, die Anfang des 20. Jahrhunderts aus Polen ins Ruhrgebiet kamen und im Nazi – Deutschland verschleppt, in KZ deportiert und ermordet wurden.
Asli Beyer verlas vor dem an die Wand projizierten Foto des ältesten Sohnes der Familie Häusler sehr eindringlich Auszüge aus Aufzeichnungen, die über diese Familie vorliegen. Anfang des 20. Jahrhunderts kam Sacher Häusler aus Polen ins Ruhrgebiet. In Gelsenkirchen gründete er eine Familie, fünf Kinder wurden geboren. Im nationalsozialistischen Deutschland gab es für die Familie, so wie für die meisten „Ostjuden“ keine Fluchtmöglichkeit. Wenigstens die Kinder wollte man retten. Doch einzig der Sohn Chaim überlebte, alle anderen wurden deportiert und in verschiedenen Konzentrationslagern ermordet.
„Davon haben wir nichts gewusst“. Dass dieses Nachkriegs – Narrativ nicht stimmt, entlarvten die vielen Briefe, die der polnisch-stämmige Soziologe Theodore Abel von frühen Nationalsozialisten erhielt, indem er 1934 ein Preisausschreiben unter NSDAP – Mitgliedern ausrief, über ihr Leben und ihre Teilnahme an der nationalsozialistischen Bewegung zu schreiben.
Günfer Cölgecen verlas Auszüge aus einigen Briefen und schlüpfte dafür in die Rolle einiger der Antwortenden. Die Begeisterung für Hitler, den Hass und Fanatismus, der aus diesen Briefen spricht, vermittelte Cölgecen sehr beeindruckend.
Wie viel von all diesem Hass und all der Menschenverachtung ist heute immer noch oder wieder salonfähig? Dazu liefert die Theatergruppe erschreckende Beispiele, etwa die Rede einer AfD – Parlamentarierin. Und Berichte von Migrantinnen und Migranten über den ganz alltäglichen Rassismus in vielen Lebensbereichen.
Die gut 30 Besucher erlebten eine bedrückende anderthalbstündige Performance. Bilder der Gesellschaft, die nachdenklich machen. Leider blieb die Frage, wie neue Rituale denn aussehen könnten, die Formen des sozialen Lebens aufgreifen oder heilen könnten, um die Wiederholung von Kriegen, Gewalt und Traumata zu unterbrechen, die in der Ankündigung zur Performance gestellt wurde, weitgehend unbeantwortet. FHR
Text und Fotos: Frauke Haardt-Radzik