Ein Band des Friedens als Hoffnungszeichen - Weltgebetstag in der Christuskirche

Gelsenkirchen – Palästinensische Christinnen haben den diesjährigen Weltgebetstag der Frauen vorbereitet.

Keine bunte Deko, keine Blumen, keinerlei Folklore. Diesmal ist Vieles anders. Gut 60 Frauen und einige Männer haben sich in der Christuskirche der evangelischen Apostel-Kirchengemeinde zum Gottesdienst versammelt. Wer die Kirche betritt, erhält am Eingang ein schlicht in schwarz – weiß gestaltetes Heft mit der überarbeiteten Version zum diesjährigen Weltgebetstag.

Pfarrerin Britta Möhring (rechts) leitete zusammen mit evangelischen und katholischen Frauen den Gottesdienst zum Weltgebetstag.

Seit 1970 treffen sich alle vier Jahre Weltgebetstagsfrauen aus allen Regionen der Welt, um die zukünftigen Länder und Bibelstellen auszuwählen. Und so wurden, bereits lange bevor die Terrororganisation Hamas Israelis überfiel, die Christinnen in Palästina für dieses Jahr ausgewählt. Die Erstfassung der Einladung zum Gottesdienst, die Texte, die Lieder, das bunt gestaltete Titelblatt, alles wurde nach den Terrorangriffen und dem Kriegsbeginn überarbeitet und neugestaltet. „…durch das Band des Friedens“, dieser Titel greift den zentralen biblischen Text des diesjährigen Weltgebetstags aus dem Brief an die Gemeinde in Ephesus auf: „Der Frieden ist das Band, das euch alle zusammenhält.“

Nach den jüngsten Vorkommnissen, den grausamen Terrorakten der Hamas und den Militäreinsätzen Israels im Gazastreifen erscheint es wie eine ferne Illusion: Frieden im Heiligen Land. Und doch zeugt der Text zum diesjährigen Weltgebetstag, der die Gottesdienste an diesem Tag überall auf der Erde regelt, von eben dieser Hoffnung: „Wann, wenn nicht jetzt sollten christliche Frauen aller Konfessionen sich weltweit zu Gottesdienst und Gebet, zu Klage und Schweigen, zu inständigem Bitten um Frieden versammeln? Wann, wenn nicht jetzt? In unserem gemeinsamen Gebet hoffen wir darauf, dass von allen Seiten das Menschenmögliche für das Erreichen des Friedens getan wird.“

Mit diesen eindringlichen Worten wird an diesem Tag dafür gebetet, dass Frieden weltweit und auch in Israel und Palästina keine Utopie bleibt, sondern Wirklichkeit werden möge.  „Ertragt euch gegenseitig in Liebe und der Frieden ist das Band, das euch alle zusammenhält.“ So erklang es auch in den Liedern, die für diesen Gottesdienst ausgesucht worden waren.

Gemeinsam wurde der Ablauf dieses besonderen Gottesdienstes in der Christuskirche von evangelischen und katholischen Frauen vorbereitet und vorgetragen. Etwa die Geschichte von Sara, einer palästinensischen Christin: „Ich bin in Jerusalem geboren und als lutherische Christin aufgewachsen. Das Leben als palästinensische Frau war eine Herausforderung und ist es noch immer.“ Weiter wird von der vielfachen Vertreibung von Saras Großeltern und Eltern berichtet. „Meine Großeltern lebten früher in Jaffa. Sie wuchsen dort auf und wohnten Haus an Haus mit christlichen, muslimischen und jüdischen Familien, bis sie 1948 mit Gewalt von dort vertrieben wurden und nach Jordanien flüchteten. Auch viele andere Palästinenser*innen, die lange in diesem Land gelebt hatten, erlebten Flucht und Vertreibung.“ Bei einem Ausflug, den Sara mit Eltern und Großeltern Jahre später nach Jaffa unternahm, wurden sie von der jetzt dort wohnenden Familie weggejagt. „Für meinen Großvater muss es ein schlimmes Gefühl gewesen sein, zweimal von seinem eigenen Haus vertrieben zu werden.“ Die Großmutter hütete, wie vielleicht viele Menschen, die auf der Erde aus ihrem Zuhause vertrieben wurden, den Schlüssel, in der Hoffnung, dass sie eines Tages in ihr Haus zurückkehren könnten.

„So wie ein Olivenbaum, so will ich standhaft stehn, erdentief verwurzelt sein, des Himmels Weite sehn. Kommt und lasst uns leben wie ein Olivenbaum, kommt und lasst uns singen vom Menschheitsfriedenstraum!“  An anderer Stelle hieß es dann: „Gott unser Fels, wir beten mit den palästinensischen Familien, deren Häuser zerstört wurden. / Wir beten für alle, die in Israel und Palästina unter Terror, Not und Krieg leiden.“

Die Lieder, die an diesem Nachmittag gesungen wurden, hatte Kantor Herwig Frassa zuvor auf Band aufgenommen und spielte sie parallel zum Gesang in der Kirche ab. Dadurch erhielt dieser Weltgebetstag in der Christuskirche dann doch noch ein wenig Leichtigkeit, Hoffnung war aus vielen Liedzeilen heraus zu spüren.

„Eigentlich wollten wir an jede und jeden am Eingang einen Olivenzweig verteilen. Gemeinsam wurde in der Vorbereitung entschieden, dies nicht zu tun, weil dadurch etwas so Wertvolles wie ein Olivenbaum ja zerstört würde. Diesmal gab es auch keine Folklore, das fänden wir alle sehr unpassend“. Pfarrerin Britta Möhring hatte dies zusammen mit den Frauen der evangelischen und der katholischen Nachbargemeinde, die den Weltgebetstag in der Christuskirche planten, so entschieden. 

Diesmal keine bunte Deko, keine Blumen, keine Folklore, wie kam dies bei den Teilnehmenden an? „Das spielt gar keine Rolle, man konnte sich so viel besser auf die Sache konzentrieren“, formulierte eine ältere Gottesdienstbesucherin beim anschließenden gemeinsamen Kaffeetrinken. Zustimmendes Nicken der Damen drumherum. „Es hat gut getan und zum Nachdenken angeregt!“ FHR

 

Text: Frauke Haardt-Radzik
Fotos: Cornelia Fischer