Eigenes Profil schärfen

Neue Stabsstelle im Diakoniewerk Gelsenkirchen und Wattenscheid fragt nach den Wurzeln der eigenen Arbeit und danach, wo sie in der praktischen Arbeit zum Tragen kommen

Leiterin der neuen Stabsstelle "Diakoniemanagement und Kommunikation" Corinna Lee FOTO: CORNELIA FISCHER

Wer die Pflegenden sind, die sich in Einrichtungen des Diakoniewerks Gelsenkirchen und Wattenscheid um die Menschen kümmern, dokumentierte die Ausstellung "Who cares? - Gesichter der Pflegenden" in den Evangelischen Kliniken (EVK) in Gelsenkirchen im vergangenen Jahr, aus der das Bild stammt. FOTO:UWE JESIORKOWSKI

GELSENKIRCHEN – „Was macht uns als Diakonie eigentlich aus?“ Für ein Diakoniewerk scheint die Antwort nahezu selbstverständlich, mindestens zum Greifen nah – und doch, eindeutige Formulierungen, die zudem in den Vollzügen der täglichen Arbeit erkennbar werden, sind gar nicht so einfach zu finden.

„Wir haben unser zehnjähriges Jubiläum zum Anlass genommen, uns diese Frage zu stellen“, berichtete Pfarrer i.R. Ernst Klein, Verwaltungsratsvorsitzender des Diakoniewerkes Gelsenkirchen und Wattenscheid e.V. „Dabei wurde uns klar, dass die Mitarbeitenden dafür wenig Zeit haben.“ Das ist nachvollziehbar: Wer in den Evangelischen Kliniken am Operationstisch steht oder im Wichernhaus einem Schwerbehinderten aus dem Rollstuhl hilft, wäre schlecht beraten, zugleich die Grundlagen der Diakonie zu reflektieren.

Deshalb geht der Gelsenkirchener Vorstand nun einen in Westfalen bisher einmaligen Weg. Er hat eine Stabsstelle „Diakoniemanagement und Kommunikation“ eingerichtet. „Wir brauchen den übergreifenden Blick auf das, was uns in allen Arbeitsbereichen als Diakoniewerk ausmacht“, so Pfarrer Klein. Der theologische Vorstand und Diakoniepfarrer Ernst Udo Metz ergänzte: „ Damit ergibt sich eine gute Möglichkeit, das diakonische Profil nach innen und nach außen zu stärken, so dass sich unsere Mitarbeitenden in den Leitbildern des Unternehmens zu Hause fühlen.“

Corinna Lee ist Theologin und hat diesen Arbeitsbereich nun zusätzlich zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit übernommen. Die 46-Jährige hat für ihre Masterarbeit in Diakoniewissenschaft und Diakoniemanagement von der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel eine besondere Auszeichnung erhalten „für eine systematische, interdisziplinäre Bearbeitung eines zukunftsweisenden Themas für die Diakonie“, wie es in der Laudatio hieß. Ihr Thema waren die Werte in der internen Kommunikation diakonischer Unternehmen. Lee kommt zu dem Ergebnis, dass ein Diakoniewerk „werteorientiert und damit normativ“ geleitet werden muss – und zwar nicht, weil der Vorstand das so will, sondern weil die Mitarbeitenden das von einem diakonischen Arbeitgeber erwarten und wünschen.

„Was sind unsere Wurzeln und wo kommen sie zum Tragen?“ Das ist eine der Fragen, die für Lee in ihrem neuen Arbeitsbereich leitend sein werden. Dabei kommt es ihr entscheidend darauf an, die Antworten gemeinsam mit den Mitarbeitenden zu finden. „Immer mehr Menschen wollen im Beruf mehr als ihren Lebensunterhalt verdienen. Sie suchen nach einem Sinn für ihr Leben“, weiß sie sowohl aus dem Studium als auch aus zahlreichen persönlichen Gesprächen. „Und ganz viele von ihnen sind bei uns im Diakoniewerk echte ‚Überzeugungstäter‘. Hier muss ich anknüpfen und herausfinden, was ihnen wichtig ist.“ Sie ist selbst gespannt darauf, welche Maßnahmen oder Projekte schließlich dabei herauskommen werden. In einer ersten Gesprächsrunde bringt sie derzeit in Erfahrung, ob und warum die verschiedenen Einrichtungen Wert darauf legen, als diakonischer Träger wahrgenommen zu werden. „Dafür gibt es bei den Evangelischen Kliniken ganz andere Gründe als etwa bei unserem Evangelischen Kinder- und Jugendhaus.“

Um ihr Freiraum für den neuen Arbeitsbereich zu schaffen, ist in Lees Referat die Stelle einer Assistentin eingerichtet worden. Pfarrer Klein weiß, dass manche das mit Zurückhaltung sehen. „Diakoniemanagement und Kommunikation“ sind keinem Kostenträger gegenüber abrechenbar, sie müssen aus eigenen Mitteln finanziert werden. Wir wollen uns das leisten. Langfristig wird es sich tatsächlich ‚auszahlen‘, wenn wir unser Profil schärfen.“

Ein weiterer Schritt hin auf eine gemeinsame Ausrichtung wurde zum Beginn des neuen Jahres gemacht. Der bisherige „Verein“ Diakoniewerk wurde abgelöst von der Holding „Diakoniewerk Gelsenkirchen und Wattenscheid GmbH“. Die darin verbundenen Unternehmen – die Evangelischen Kliniken mit den Ambulanten Diensten, das Wichernhaus (Wohnheim für Menschen mit Behinderungen), das Evangelische Seniorenstift, das Evangelische Kinder- und Jugendhaus – stehen nun unter einem für alle zuständigen Aufsichtsrat und einer gemeinsamen Geschäftsführung. Die Beratungsdienste bleiben weiter dem Verwaltungsrat und dem Vorstand des Vereins zugeordnet.