Die Arbeit muss uns Menschen dienen

Politisches Nachtgebet in der Apostelkirche

Leidvolle Erfahrungen in der Arbeitswelt schrieben die Besucher auf kleine Textrollen und steckten sie in die Klagemauer vor dem Altar. FOTO: CORNELIA FISCHER

Leidvolle Erfahrungen in der Arbeitswelt schrieben die Besucher auf kleine Textrollen und steckten sie in die Klagemauer vor dem Altar. FOTO: CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN – Arbeit kann krank machen, wenn sie unter untragbaren Bedingungen geschieht. Diese Erfahrung machten bereits vor 4000 Jahren die Israeliten, als sie in Ägypten in Knechtschaft lebten und für den Pharao als Sklaven arbeiten mussten. Auf dem Hintergrund der biblischen Geschichte im 2. Buch Mose, Kapitel 3, hat das jüngste Politische Nachtgebet die aktuellen Erfahrungen in der Arbeitswelt zum Thema gemacht.

Information, Gespräch, Gebet sowie das Nachdenken über einen biblischen Text und das eigene Handeln sind die Bestandteile des Politischen Nachtgebetes. Ein Ökumenischer Initiativkreis aus Bochum und Gelsenkirchen hat diese Tradition aufgegriffen.

„Ich habe eure laute Klage gehört – wenn Arbeit krank macht“ lautete der Titel des Abends in der Apostelkirche Buer am 4. November. Vor dem Altar war eine Klagemauer aufgebaut. In Analogie zum Volk Israel, das Gott in der Sklaverei sein Leid klagte, schrieben die rund 60 Teilnehmenden ihre Klagen über leidvolle Erfahrungen in der Arbeitswelt auf kleine Textrollen und steckten sie in die Klagemauer. „Ich habe eure lauten Klagen gehört“, sagte Gott zu Moses. Der Gelsenkirchener Industrie- und Sozialpfarrer Dieter Heisig ermutigte in seiner Predigt dazu, auf Gottes Beistand zu vertrauen, der sein Volk aus der Knechtschaft in die Freiheit führte: „Niemand will und soll Arbeit abschaffen – aber sie muss uns Menschen dienen – auch wenn dabei vielleicht die Profitraten sinken oder die Aktienkurse nicht so rasant steigen, denn Arbeit ist für uns Menschen da, damit wir die Erde bewahren und bebauen.“

Ob und wie Arbeit krank machen kann, dazu führte die Bochumer Sozialsekretärin Rose Richter ein Gespräch mit Dr. Martin Ostermann aus Coesfeld. Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz nehmen deutlich zu, berichtete der Sozialmediziner. „Das hängt oft auch mit zunehmendem Druck, prekären Arbeitsverhältnissen oder anderen Belastungen zusammen“ so Ostermann.

Da zu einem Politischen Nachtgebet auch immer ein Angebot zum eigenen Handeln gehört, verteilte Berthold Rose vom Bistum Essen rote Erinnerungskarten mit dem Text: “Mach meinen Kumpel nicht krank.“

„Ich bin froh, dass hier mal Klartext geredet wurde“ so eine Studentin in der Runde nach dem Gottesdienst. Sie ist sich sicher, beim nächsten Politischen Nachtgebet wieder dabei zu sein.