GELSENKIRCHEN – Flügeltage in der Kirche der Kulturen. Dabei steht der Flügel im Mittelpunkt, doch er erklingt nie ganz allein. „Flügel+“ hat Thomas Schöps diese Reihe genannt: „Vier Konzerte für den König der Instrumente, den Flügel, in einem der schönsten und hervorragendsten historischen Klangräume unserer Stadt.“
Flügel plus Violine hieß es zu Beginn dieser kammermusikalischen Reihe. Ein Konzert zu Ehren des 2016 verstorbenen französischen Komponisten Michel Meynaud, mit dem Pfarrer Schöps persönlich bekannt war. Michel Meynaud, 1950 in Paris geboren, gilt als einer der vielseitigsten und eigenwilligsten französischen Musiker und Komponisten der letzten Jahrzehnte. Als Dirigent, Pianist und Organist hat er viele zeitgenössische Komponisten interpretiert ebenso Werke von Mozart, Wagner, Brahms, Bruckner oder Debussy. Viele seiner eigenen Kompositionen widmete er Menschen, denen er begegnete. „Auch für mich hat Meynaud mal ein Stück geschrieben“, stellt Pfarrer Schöps überrascht fest.
Im Januar 2020 sendete der Südwestdeutsche Rundfunk anlässlich Meynauds 70. Geburtstags ein Porträt des Musikers aus der Feder des Journalisten Philipp Quiring, der sich mit Meynauds Werk eingehend beschäftigt hat. Und beim Konzert in der Bleckkirche war Quiring zugegen, gab Einblicke in das Schaffen und Leben des französischen Musikers. Etwa, dass Meynaud sehr mit der Musik der Impressionisten verbunden war, aber auch als Fan des Ausnahmekünstlers John Cage galt. Und auch, dass Meynaud Zeit seines Lebens Mitglied der kommunistischen Partei war.
Den knapp 40 Besuchern bot sich so an diesem Abend die Möglichkeit, die Musik mit wichtigen Informationen rund um den Künstler noch intensiver zu erleben. „Es war sehr spannend, das hat meinen Horizont erweitert“, resümierte ein Besucher. Ein faszinierendes Kammerkonzert, das Pandemie bedingt für 2020 geplant, verschoben und nun endlich stattfinden konnte.
Der Pianist Rainer Maria Klaas spielte Werke Meynauds aus vier Jahrzehnten, dazu Klavierstücke von Bela Bartok, Cristobal Halffter und John Cage und begeisterte seine Zuhörer. Für das „+“ stand an diesem Abend die Violine. Die herausragende Hannoveraner Geigerin Elisabeth Kufferath brachte eine Violinsonate von Meynaud zur Uraufführung. Und zusammen mit dem hervorragenden Pianisten Klaas bot sie die Violinsonate von Claude Debussy, einem der Ahnherren der neuen französischen Musik.
Das Publikum bedankte sich für dieses außergewöhnliche Konzert mit großem Beifall. Auch die weiteren Konzerte dieser Flügel+ Reihe zeigen bis zum 10. Juni die verschiedensten Facetten dieses Königs der Instrumente.
Die Bleckkirche feiert damit ihr 25. Jubiläum als Kirche der Kulturen. Und Thomas Schöps läutet seinen Abschied als Pfarrer ein. Bis Ende Januar nächsten Jahres wird er hier noch für den Kirchenkreis wirken, dann geht es in den Ruhestand. Wie es mit der Bleckkirche und ihrer besonderen Bedeutung als Kulturstätte dann weitergehen wird, ist bisher noch unklar.
Text: Frauke Haardt-Radzik
Fotos: Cornelia Fischer