„Das Netz wird grobmaschiger“

Präses Alfred Buß besuchte die Pfarrkonferenz

Präses Alfred Buß sprach vor der Pfarrkonferenz des Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid auch die Probleme in der Personalpolitik an. FOTO: CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN – Aus Anlass eines Rundfunkgottes-dienstes hat der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW), Alfred Buß, am 21. und 22. Februar den Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid besucht. Am Samstag traf er die Pfarrerinnen und Pfarrer auf einer Pfarrkonferenz.

In einem einleitenden Referat zur Zukunft des Pfarrberufs ging Buß zunächst auf die externen Herausforderungen ein, vor denen Pfarrerinnen und Pfarrer heute stehen: Da sei zum einen der demografische Wandel. Seit 1970 habe die EKvW 1,1 Millionen Mitglieder verloren. Bis 2030 werde sie noch einmal um 600 000 Mitglieder kleiner. Zum anderen erlebe die heutige Generation einen Traditionsabbruch, der die Weitergabe des Glaubens an die Jüngeren erschwere.

Hinzu kämen hausgemachte Schwierigkeiten: „Die Anstellung aller Theologiestudierenden in den 80er und 90er Jahren stellt uns heute vor ein Problem. Der Überhang von 600 Pfarrern wird erst 2020 abgebaut sein“, erläuterte Buß, um sogleich ein neues Problem zu nennen: „Aufgrund des mangelnden Nachwuchses wird die Pfarrschaft immer älter.“ Deshalb forderte Buß: „Wir müssen heute für das Theologiestudium werben!“

Insgesamt gelte: „Das Netz wird grobmaschiger.“ Bis 2030 würden 1100 Pensionierungen zur Reduzierung auf nur noch 700 westfälische Pfarrstellen führen. Damit hänge eine konzeptionelle Reform des Pfarr- und Kirchenverständnisses zusammen: „Wir müssen Grundaufgaben wie Gottesdienst und Seelsorge von den Schlüsselaufgaben unterscheiden.“ Bei letzteren gehe es um konkrete Aufgaben, die vor Ort zu leisten sind. Auch das Bild vom Pfarrer als Hirten seiner Herde habe ausgedient: „Unser Pfarrbild geht am Ordinationsvorhalt entlang, der den Pfarrerinnen und Pfarrern mit auf den Weg gibt: Du bist ein Teil der Gemeinschaft.“

Einen Erfolg könne die Kirchenleitung auch verzeichnen. So habe die Vorruhestandsregelung dafür gesorgt, dass 80 Überhangpfarrstellen abgebaut werden konnten. „Heute erscheint wieder fast jede Woche in UK eine Pfarrstellenausschreibung“, stellte Buß fest.

Zwei zentrale Bedürfnisse ergäben sich aus den Herausforderungen: „Wir brauchen eine Personalentwicklung, die dafür sorgt, dass die richtigen Leute auf die richtigen Stellen kommen.“ Und: „Angesichts zurückgehender Kirchensteuereinnahmen müssen wir weitere Einnahmequellen erschließen.“

In der anschließenden Aussprache brachten viele der anwesenden Pfarrerinnen und Pfarrer ihre Sorge über die Entwicklung zum Ausdruck. Die Befürchtung stand im Raum, dass nicht wenige Kolleginnen und Kollegen durch das grobmaschig werdende Netz fallen könnten. Am Ende blieben viele Fragen offen. Pfarrer Michael Schönberg, Evangelische Kirchengemeinde Gelsenkirchen-Heßler, meinte sogar: „Es wird alles schlimmer!“ DB