Das Miteinander muss sich entwickeln

Hagen Schillig ist der neue Pfarrer im Hasseler Norden

Pfarrer Hagen Schillig greift zum Helm, um sich auf der "Baustelle Bürgerzentrum" umzusehen. „Sich gemeinsam auf den Weg zu machen, finde ich richtig gut!“ PHOTO: CORNELIA FISCHER

Pfarrer Hagen Schillig greift zum Helm, um sich auf der "Baustelle Bürgerzentrum" umzusehen. „Sich gemeinsam auf den Weg zu machen, finde ich richtig gut!“ PHOTO: CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN – Seit dem 1. Februar 2011 war die Pfarrstelle der Evangelischen Lukas-Kirchengemeinde Buer-Hassel vakant. Zwar war die Gemeinde in diesen drei Jahren nicht ohne Pfarrer oder Pfarrerin, doch es dauerte seine Zeit, bis die eigene Pfarrstelle zur Wiederbesetzung frei gegeben werden konnte. Jetzt haben die Übergangslösungen ein Ende. Am Palmsonntag, 13. April, hat Superintendent Rüdiger Höcker im Festgottesdienst in der Lukas-Kirche Hagen Schillig in sein Amt eingeführt. Der 46-Jährige kommt aus der Kirchengemeinde Theesen im Kirchenkreis Bielefeld. Katharina Blätgen hat ihm Fragen gestellt.


Pfarrer Schillig, sowohl die Gemeinde Theesen als auch die Lukas-Gemeinde haben jeweils ca. 2.500 Gemeindemitglieder. Sind sie sich auch sonst ähnlich?

Ach, so ganz viel Gedanken habe ich mir da gar nicht gemacht. Aber es gibt tatsächlich Ähnlichkeiten: Beide Gemeinden liegen im hohen Norden der Stadt. Beide Gemeinden sind Ein-Pfarrstellen-Gemeinden und beide haben eine große Nachbar-Gemeinde. Beide Gemeinden stehen vor den Herausforderungen einer heutigen Stadtrand-Gemeinde.

Das Lebensgefühl, die Mentalität der Menschen wird allerdings unterschiedlich sein: "Ostwestfäliche Zurückhaltung" gegen "Ruhrgebiets-Kumpelhaftigkeit". Aber, mal ehrlich: Vergleiche sind doch immer etwas schwierig und irgendwie auch immer ungerecht, oder? Ich bin jetzt sehr auf Lukas gespannt und auf meine Begegnungen mit den Menschen hier.


Was hat sie bewogen, einen Wechsel ins Ruhrgebiet anzustreben? Oder fanden Sie gerade die Lukas-Gemeinde besonders attraktiv?

Nach fast 12 Jahren in meiner ersten Gemeinde war jetzt einfach ein Wechsel dran – nicht zuletzt, weil auch in Theesen die Pfarrstelle langfristig gekürzt werden soll. Ich habe in meiner Zeit dort eine Menge an wertvollen Erfahrungen und wichtige Eindrücke gesammelt. Ich habe Stärken und auch Schwächen meiner (Gemeinde-) Arbeit erlebt: Diesen Schatz an Erfahrungen bringe ich nun gern in meine Arbeit hier in meiner neuen Gemeinde ein.

Auf das Ruhr-Gebiet habe ich nun tatsächlich mit besonderem Interesse geschaut. Erstens, weil ich ein echter Stadt-Mensch bin. Ich genieße vielfältiges kulturelles Angebot und städtische Atmosphäre. Zweitens, weil ich sehr geprägt bin durch meine Zeit in Dortmund: Ich habe dort eine offene, aufgeschlossene, einfach (lebens-) frohe und (glaubens-) starke Gemeinde kennengelernt. Da habe ich gehofft, an solche "Ruhrgebiets-Erfahrungen" anknüpfen zu können.

Tja, und dann fiel mir die Ausschreibung der Lukas-Gemeinde mit dem Projekt des Bürgerzentrums in die Hände. Da war mein Interesse geweckt. Das klang spannend. Da wollte ich gerne dabei sein!


Erzählen Sie mal ein wenig von sich. Was sind Sie für einer?

Also nein: Was ich für einer bin, müssen andere erzählen. Die können das viel besser. Aber gut: Ein bisschen was kann ich natürlich auch berichten. Ich bin mit meinen beiden Brüdern in Bielefeld aufgewachsen. Seit meiner Kindergottesdienst-Zeit – erst als Kind, später als Helfer – ist eine enge Verbindung zur Gemeinde gewachsen. Kurz nach der Konfirmation stand dann auch ernsthaft mein Berufswunsch fest: Gemeindepfarrer. Nach dem Studium in Bielefeld-Bethel, Münster und Heidelberg folgte das Vikariat im Dortmunder Süden. Dann schloss sich nochmal eine Zeit in Münster an, bevor ich wieder in meine Heimatstadt Bielefeld wechselte.

Ja, und nun ist hier Gelsenkirchen-Buer-Hassel meine nächste Station. Seit Mitte März wohne ich nun im Pfarr-Bungalow, der für mich als Single natürlich etwas groß ist. Bis ich mir den wohnlich eingerichtet habe, wird noch dauern. Und es wartet noch ein Menge Arbeit auf mich beim Auspacken der Umzugskartons: Gut, dass Freunde Hilfe und Unterstützung zugesichert haben.

Na, und dann mein großes Hobby: das Theater! Ich gehe mit leidenschaftlicher Begeisterung ins Theater: Oper, Ballett und auch Schauspiel. Seit Kindertagen begleitet mich großes Interesse an dieser Kunst. Mein großer Bruder arbeitet inzwischen am Theater – zurzeit noch in Darmstadt.

(Klassische) Musik spielt in meinem Leben eine wichtige Rolle: ob live im Theater oder von der CD Zuhause. Und ich freue mich, jetzt wieder selbst zu singen in unserem ökumenischen Kirchen-Chor.


Die Lukas-Gemeinde befindet sich ja gerade in einem spannenden Prozess. Haben Sie schon eine Vorstellung davon, wie sich das Bürgerzentrum auf Ihre Arbeit als Gemeindepfarrer auswirken wird?

Auf alle Fälle finde ich, die Lukas-Gemeinde hat sich engagiert und mutig auf den Weg gemacht. Das könnte doch – wenn alles gut läuft – ein tragfähiges Zukunftsmodell werden: Das, was die christliche Gemeinde allein nicht mehr schaffen oder aufrechterhalten kann, teilt sie sich mit anderen Partnern, die in unserer Gesellschaft Verantwortung übernehmen. Gemeinsam lässt sich dann viel erhalten und sogar Neues anfangen. Alle wissen, dass auf dem gemeinsamen Weg noch manche Frage geklärt werden muss und bestimmt einige Probleme zu lösen sind. Aber: Sich gemeinsam auf den Weg zu machen, finde ich richtig gut!

Wie sich das Miteinander konkret gestalten wird, muss sich entwickeln, wenn nächstes Jahr das Zentrum fertig wird. Für die Gemeinde heißt es natürlich auch Einschränkung und Verzicht: Gemeindehaus und Jugendheim wurden aufgegeben. Auf dem Gelände baut nun die Bürgerstiftung das Stadtteilzentrum. Darin wird es dann ein vielfältiges Angebot und weitgefächertes Programm geben. Das Bürgerzentrum ist ein innovatives Projekt: Da wird viel für den Stadtteil Hassel erreicht. Schön, dass unsere Gemeinde maßgeblich mit dabei ist.


Gibt es etwas, das Sie in der Lukas-Gemeinde gerne einmal ausprobieren möchten?

Zunächst entdecke ich nun erstmal mit großer Freude, was es hier in Lukas alles schon gibt im regen Gemeindeleben: Gruppen und Kreise, aktive Menschen, die sich ehrenamtlich sehr einsetzen, und die vielen Gewohnheiten bzw. Gepflogenheiten und die Traditionen dieser Gemeinde. Das ist für mich zurzeit natürlich alles neu und daher recht spannend.

Für die Zukunft kann ich mir dann schon auch eine Menge vorstellen, was wir gemeinsam überlegen und angehen können: In Bielefeld habe ich vor 12 Jahren das Kinder-Bibel-Frühstück ins Leben gerufen – eine neue Form des Kindergottesdienstes. Ungefähr alle sechs bis acht Wochen haben wir uns samstags im Gemeindehaus zu einem dreistündigen Vormittag getroffen. Mit Spiel und Spaß stand immer eine Bibel-Geschichte im Mittelpunkt, die wir mit den Kindern erarbeitet haben. Wir haben unseren Gottesdienst mit Singen und Beten, Spielen und Basteln gefeiert – und natürlich gab es immer ein richtig gutes Frühstück. Manchmal gab es auch besondere Unternehmungen und kleine Aktionen – etwa Ausflüge oder erlebnispädagogische Angebote. Übrigens: Das drei Meter große, farbenfrohe Kinder-Bibel-Frühstücks-Kreuz, das Kinder und Konfirmanden zusammen gestaltet haben, steht noch immer in der Theeser Kirche. Mit meist über 50 Kindern sind das schwungvolle und sehr, sehr fröhliche Vormittage. Das wär doch vielleicht auch mal ´was für Lukas!?

Oder die "Alternative": Einmal im Quartal haben wir sonntags abends einen Gottesdienst in neuer Gestalt gefeiert: (Junge) Erwachsene und vor allem Konfirmanden haben diese Gottesdienste vorbereitet und miteinander gefeiert – oft mit erfreulicher Beteiligung ihrer Eltern und weiterer Gemeindeglieder. Viele Gemeinden sammeln gute Resonanz auf ihr Angebot eines "Glaubenskurses": Solche Gesprächsabende sind eine Bereicherung.

Wenn sich ein Team zusammenfindet, freue ich mich auf eine Kinder-Bibel-Woche. Und ich möchte endlich mal wieder sehr gerne mit einer großen Gemeinde-Gruppe zum Kirchentag fahren!


Sie wohnen erst seit kurzer Zeit im Pfarrhaus am Eppmannsweg. Was ist Ihnen in der Stadt Gelsenkirchen bisher besonders aufgefallen?

O, ganz ehrlich: Da kann ich noch gar nicht soviel sagen. Die ersten 6 Wochen sind so schnell vergangen – was ja immer ein gutes Zeichen ist, finde ich. Von Gelsenkirchen oder Buer habe ich echt noch gar nicht soviel gesehen. Da muss ich mich bald mal mehr zur "Entdecker-Tour" aufmachen.

Bei meinem einen kurzen Ausflug in die Innenstadt ist mir die riesengroße Baustelle in der Fußgängerzone direkt vor den beiden Innenstadt-Kirchen aufgefallen. Das hat mich ein bisschen an meine Heimatstadt erinnert: "Bielefeld - die freundliche Baustelle am Teutoburger Wald". Auch meine Freunde haben bemerkt, dass Gelsenkirchen schöne "grüne Ecken" hat. Na, und dann natürlich Schalke!!! Obwohl ich ehrlich gesagt sonst gar kein Fußball-Fan bin, schaue ich doch jetzt immer auch auf die Bundesliga-Tabelle, um zu wissen, wo Schalke so steht. Mein jüngerer Bruder ist treuer Arminen-Fan. Da informiere ich mich auch: Um mitreden zu können.

Kontakt: Pfarrer Hagen Schillig, Eppmannsweg 32d, 45896 Gelsenkirchen, 0209 - 66 144, Hagen.Schillig@ekvw.de