Rede von (v.l.) :
Heiner Montanus, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid
Stanislav Krasnokutskiy, Kantor der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen
Markus Pottbäcker, Stadtdechant und Propst der katholischen Kirche in Gelsenkirchen
Serdar Yilmaz, Sprecher des Kreises Gelsenkirchener Muslime
Guten Tag, mein Name ist Heiner Montanus. Ich stehe hier für die evangelische Kirche.
Ich heiße Stanislav Kransnokutskiy und engagiere mich in der jüdischen Gemeinde.
Mein Name ist Markus Pottbäcker. Ich repräsentiere die katholische Kirche.
Ich heiße Serdar Yilmaz. Ich bin Sprecher der muslimischen Gemeinden.
Bei einigen von uns können Sie es schon ahnen, wenn Sie unsere Familiennamen hören: Unsere Geschichten und die unserer Vorfahren waren bewegt.
Wir denken bei Heimat nicht nur an Gelsenkirchen. Wenn wir erzählen, erzählen wir auch von anderen Städten, manchmal auch von anderen Ländern. Aber das trennt uns nicht.
Eines, was uns verbindet, ist die Religion. Nicht die eine Religion. Was uns verbindet, ist der Glaube an Gott. Für ihn haben wir verschiedene Namen. Aber auch das trennt uns nicht.
Was uns verbindet: Zum Beispiel dies: Wir wohnen in Gelsenkirchen. Uns liegt daran, dass es den Menschen hier gut geht. Nicht nur denen, die mit uns denselben Gottesdienst besuchen.
Das und noch mehr verbindet uns. Und es hat seinen Grund, sein Fundament auch in dem, was wir glauben.
Das führt uns zusammen. Hier auf den Heinrich-König-Platz. In diese Demonstration hinein. Weil wir glauben, dass wir in Verantwortung vor Gott und den Menschen heute nur hier stehen können.
In Verantwortung vor Gott und den Menschen demonstrieren wir hier mit Ihnen gegen die, die Arbeit und Freiheit fordern, aber Remigration und Ausgrenzung meinen.
Wir glauben, dass Arbeit ein Gottesgeschenk und ein Menschenrecht ist. Etwas, das jeder und jedem zusteht. Unabhängig von Pass, Leistungsfähigkeit und Arbeitsplatz.
Wir glauben, dass Freiheit ein Gottesgeschenk ist, das wir weitergeben sollen. Diese Freiheit grenzt nicht aus, sie wertet nicht ab. Sie lässt Menschen aufblühen und führt sie zusammen.
Wer so von Arbeit und Freiheit redet, für den ist Remigration ein Wort der Schande. Weil es für Vertreibung steht, für Entrechtung und für alles, was Menschen ihre Würde nimmt.
Remigration, Vertreibung, Entrechtung nimmt denen die Würde, die vor die Tür gesetzt werden sollen. Und sie nimmt auch denen die Würde, die sie vor die Tür setzen.
Arbeit und Freiheit sind Menschenrechte. Sie machen Menschen groß. Und wir glauben: Das entspricht Gottes Willen.
Remigration, Vertreibung, Entrechtung widersprechen dem, was uns Gott und unser Glaube gebieten.
Wir glauben an einen Gott, der barmherzig ist. An einen Gott, der darum von uns erwartet, dass auch wir barmherzig sind.
Barmherzigkeit leugnet nicht die Unterschiede. Sie macht die Probleme unserer Stadt und der Menschen, die in ihr leben, nicht klein. Sie sieht hin und fragt nach Lösungen.
Aber Barmherzigkeit weiß, dass Remigration keine Lösung ist. Sie ist eine Scheinlösung. Sie macht die Ärmsten und Schwächsten in unserer Stadt für die Probleme verantwortlich. Sie grenzt aus und vertreibt.
Remigration verkehrt Recht in Unrecht. Sie trennt Menschen in wertvoll und minderwertig. Sie spaltet.
Und weil sie rechtlos ist, kennt sie keine Grenzen. Sie wird vielen von denen, die sich heute noch in Sicherheit fühlen und „Remigration“ fordern, morgen schon den Stuhl vor die Tür stellen.
Gegen all das Unrecht stehen wir auf. Gegen all das Unrecht stehen wir zusammen.
Darum stehen wir heute hier: Für eine Stadt, in der Menschen Arbeit finden. Für eine Gesellschaft, die Freiheit liebt. Und für ein Miteinander, das Barmherzigkeit großschreibt.
Dafür stehen wir. Hand in Hand.
Foto: Cornelia Fischer