Einen langen Atem, Durchhaltevermögen und ganz viel Humor! All dies benötigte sie, bis es nach vielen Umwegen und geduldigem Abwarten endlich so weit war und Astrid Roode – Schmeing sich ihren Berufstraum Gemeindepfarrerin erfüllen konnte. 1957 in Bocholt geboren, schreckte ein liebloser Religions-Unterricht erst einmal gründlich ab. Doch dann beim Konfirmanden- Unterricht hats bei der jugendlichen Astrid „klick“ gemacht: „Da ging es um die Botschaft vom Angenommenwerden trotz aller Ecken und Kanten, um die Liebe Gottes zu seiner Schöpfung, kurz: Um die Rechtfertigungslehre, um Zuspruch und Anspruch.“ Auch jetzt, viele Jahrzehnte später, ist ihr die Begeisterung, die sie damals so geprägt hat, anzumerken. Besonders die politische Theologie hat sie beeindruckt und seitdem beschäftigt. „Astrid dachte und Gott lachte!“ Völlig gegen den damaligen Trend, es war die Zeit von Flower Power und freier Liebe, und zum Entsetzen der Eltern, die ihre Tochter gern als Zahnärztin gesehen hätten, offenbarte das junge Mädchen: „Ich möchte Pfarrerin werden.“
Eine Frau, ein Wort, die junge Astrid Roode wollte es wissen. Gemeinsam mit vier Pfarrerskindern begann sie Hebräisch zu lernen, fuhr mit der Familie nach Israel, begann als Kindergottesdiensthelferin, gab sogar damals schon Kirchlichen Unterricht, betreute Senioren daheim und baute eine Altenstube mit auf.Zunächst ging alles mit Riesenschritten ihrem Traumberuf entgegen, Theologie-Studium in Münster, klares Studienziel das Pfarramt. Doch dann wurde aus dem graden Weg ein verschlungener. Private Verpflichtungen schoben den Traum in weite Ferne, erst einmal bog sie ab Richtung Lehrerin für Sekundarstufe I und II, 1988 schloss sie mit dem 2. Staatsexamen ab, unterrichtete Religion, Geschichte und Deutsch. „Das war für mich eine unendlich schmerzliche Entscheidung, aus der Not geboren“, stellt sie im Rückblick fest. „Stets war da das Bedauern, den Wunschberuf nicht ergreifen zu können, auch wenn ich immer gerne unterrichtet habe.“ Doch Jahre später überredeten sie Mann und Tochter, sich nun auf den Weg zu machen und sich ihren Traumberuf endlich zu erfüllen. Also hieß es noch einmal ab zur Uni, pauken, Klausuren schreiben, Prüfungen ablegen. 1997 dann das 1. Kirchliche Examen, es folgte das Vikariat in Gelsenkirchen-Rotthausen. „Das war eine tolle Zeit mit tollen Kollegen, die mich machen, ausprobieren ließen und eine sehr schöne Zeit der gemeinsamen Entwicklung von Ideen und Projekten“, erinnert sich Roode-Schmeing gern.
Und dann schließlich wurde sie doch noch das, was sie immer wollte, Gemeindepfarrerin. Der erste Einsatzort führte sie zunächst für fünf Jahre als Pfarrerin im Entsendungsdienst nach Gelsenkirchen-Buer Middelich, anschließend baute sie zweieinhalb Jahre lang Seelsorge und Gottesdienste im damals neuen Ev. Seniorenstift auf. Gefolgt von einer Vakanz Vertretung in Hassel- Lukas und fünf Jahren in der Gemeinde Wattenscheid, wurde die Evangelische Apostelgemeinde schließlich ihre letzte Gemeinde. Und dort wurde Astrid Roode-Schmeing jetzt mit einem fröhlichen Gottesdienst entpflichtet. Eine Powerfrau, die ihren Traumberuf erst spät ausüben konnte, dann aber umso intensiver.„Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht des, das man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“ Diesen Bibelvers aus Hebräer 11,1 hatte sich die Konfirmandin, damals recht ungewöhnlich, selbst ausgesucht. Er wurde für sie zu einem Lebensmotto. In der Nicolai-Kirche wird jedes Jahr ein Tauferinnerungsgottesdienst gefeiert, den hat sich Roode-Schmeing für ihren Abschied aus dem aktiven Dienst ausgesucht („Ich stehe nämlich nicht gern im Mittelpunkt“), mit Gospelchor („der verhinderte, dass mir vor Rührung doch noch die Tränen kamen“) und ganz viel fröhlichem Lachen. „Wir haben den Begriff Taufe durchbuchstabiert und dabei kamen viele lustige Erinnerungen zutage.“ So stand der Buchstabe „C“ für Corona und die damit einhergehenden Einschränkungen und teils merkwürdigen Auswüchse in der Taufpraxis. So wurde mancherorts gar per Wasserpistole oder großem Suppenschöpflöffel getauft.
„Erst wischt man sich die Lachtränen aus den Augen und jetzt läuft wegen der Kälte die Nase.“ Auch Superintendent Heiner Montanus ließ sich von der fröhlichen Stimmung anstecken. So erwähnte er in seiner Rede, dass die Gemeindepfarrerin auch schon mal kräftig mit Gott schimpfen könne und dass sie ganz genaue Vorstellungen davon gehabt hätte, wie dieser Abschiedsgottesdienst auszusehen habe. Die nun scheidende Gemeindepfarrerin hat sich für den Start in den jetzt beginnenden neuen Lebensabschnitt etwas für sie Ungewöhnliches vorgenommen: „Ich hab wenig Erfahrung damit, aber den Februar habe ich mir als Sabbatical- Monat verschrieben, einfach mal nichts tun.“ Danach will sie sich dann neuen Aufgaben zuwenden, vielleicht in der Museumspädagogik oder bei der Lese- und Rechtschreibförderung aktiv werden, vielleicht aber auch noch etwas ganz Neues beginnen.
Text: Frauke Haardt-Radzik
Fotos: Cornelia Fischer