Neue Wege gehen

Wunsch zum 3. Advent

„Wir müssen jetzt halt neue Wege gehen“, sagt Brigitte Probst, Co-Chefin des Familienzirkus, der alljährlich zu Weihnachten seine Zelte im Revierpark Nienhausen aufschlägt. Die Pandemie hat die Planungen eines ganzen Jahrs zunichte gemacht. Der gesamte Tross musste im Frühjahr im Revierpark bleiben und konnte nicht wie üblich durch die Republik ziehen. Und jetzt wurde auch das Weihnachtsprogramm, das seit 24 Jahren klein und groß in Gelsenkirchen begeistert, kurzfristig verschoben. Was für ein Frust!

„Wir müssen jetzt halt neue Wege gehen“ – wenn das Zelt schon einmal steht, dann kann man das doch anderen Künstlerinnen und Künstler zur Verfügung stellen. Und so wurde „Circus Propst“ in diesem Jahr zum zentralen Veranstaltungsort in Gelsenkirchen. Konzert, Comedy, Motorradgottesdienst - ein ganzer Kultursommer. Manchmal bei nur 50 Zuschauern im weiten Rund und oft ohne Miete. „Die Künstler müssen ja auch irgendwie zurechtkommen“, sagt Brigitte Probst. Ihr Mitgefühl rührt an. Und das Ergebnis fasziniert. Jeden Tag Programm. Sogar die Kreissynode darf dort tagen. 

Und jetzt? Wo sogar das Weihnachtsprogramm abgesagt werden muss? „Jetzt machen wir Kulturwinter, Herr Dirks“ ruft die Zirkuschefin mir zu. „Und den Weihnachtszirkus bringen wir im Januar. Dann können sie auch ihren Jugendgottesdienst bei uns feiern“. Was für ein Optimismus in schwerer Zeit.

„Wir müssen jetzt halt neue Wege gehen“ – so hören wir es an vielen Stellen. Ob beim Außerhausverkauf in der Gastronomie oder bei der Schneiderin, die jetzt Masken näht. Die Jugendarbeit probiert sich in digitalen Angeboten. Nein – kein Vergleich zu dem, was uns lieb und wichtig ist. Aber siehe: viele machen trotzdem mit. Heilig Abend, so munkelt man, wird in diesem Jahr an außergewöhnlichen Orten gefeiert werden. Vielleicht ist es jetzt dran, dass wir anfangen aus Gold wieder Stroh zu spinnen in der vagen Hoffnung, dass sich der liebe Gott dort noch einmal hineinlegt.

Wege entstehen beim Gehen. Und oft sehen wir erst rückblickend, wo sie hergeführt haben. Bis dahin bleibt das Vertrauen und der Mut und wo nötig der Trost.  So wie in der Verheißung Jesajas (Kapitel 40): was uneben ist, soll gerade und was hügelig ist, soll eben werden. Und Gott kommt uns entgegen und gibt dem Weg ein Ziel.

Letztens kam die Frau mit gebrannten Mandeln nach Hause – vom Bäcker! „Hmmm – gar nicht so schlecht“, sag ich. Neue Wege halt.

Ihnen noch eine gesegnete Adventswoche.
Holger Dirks, Jugendpfarrer