Was für ein Vertrauen!

Kirchenamtsrätin Sabine Walter hat mehr als 45 Jahre für den Kirchenkreis gearbeitet

Nach 45 Jahren wurde Sabine Walter feierlich vom Kirchenkreis in den Ruhestand verabschiedet (v.l. Matthias Hurraß, Verwaltungsleiter, Sabine Walter, Superintendent Heiner Montanus). PHOTO: CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN – Es sind die 80er Jahre. Eines Abends um 20 Uhr trifft man sich in der Lukas-Kirchengemeinde zur Besprechung des Haushaltsplans – eigentlich eine Sache des gemeindlichen Finanzausschusses und der zuständigen Rendantin aus dem Kreiskirchenamt. Aber hier ‚in Lukas’ kommt fast ein kleines Parlament zusammen. Sämtliche Gemeindegruppen sind vertreten und bis weit nach 23 Uhr werden Probleme gewälzt und gelöst. Das Geld ist knapp, soviel ist allen klar. Aber der Kindergarten braucht dringend einen Kühlschrank, der VW-Bus der Jugend muss repariert werden und und und. Nach vielem Hin und Her übernehmen die Senioren das Kühlschrank-Problem und die Frauenhilfe den Reparatur-Notstand – „ach ja, und den Vertretungsdienst für den kranken Küster haben sie zwischendurch auch noch eben untereinander geregelt.“

Wenn Sabine Walter von dieser Sitzung im Gelsenkirchener Norden erzählt, ist das wie Kino im Kopf: Man sieht die Köpfe rauchen und hört die vielen Stimmen, sitzt an Resopaltischen und nimmt den leichten Duft von Bohnerwachs wahr. Für die junge Rendantin war das damals ein Schlüsselerlebnis: „Wie da alle zusammen nachgedacht haben, sich zuständig fühlten und gemeinsam Lösungen gefunden haben – das hat mich sehr geprägt. Da habe ich dieses ‚Wir-Gefühl’ begriffen, diesen Zusammenhalt, den wir brauchen, um Kirche zu sein.“

Dieses ‚Wir-Gefühl’ hat dafür gesorgt, dass Sabine Walter ihr Beruf großen Spaß gemacht hat, ihr viel Freude bereitet hat und ihr tatsächlich auch eine Ehre war. Wenn sie über ihre Arbeit spricht, dann sagt sie kein einziges Mal: „Ich musste.“ Sie sagt „Ich durfte“ – und da Sonntagsreden nicht ihr Ding sind, ist klar: Sie meint es auch so.

Wenn Sabine Walter zum 1. Februar 2018 in den Ruhestand geht, dann hat sie auf den Tag genau 45,5 (fünfundvierzigeinhalb) Jahre beim Evangelischen Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid gearbeitet. Ihre Laufbahn ist ihr nicht so wichtig, deshalb nur kurz: 1972 begann ihre Lehrzeit an der Pastoratstraße, da war sie ganze 17 Jahre alt, 1974 wurde sie als Angestellte übernommen. 1977/78 erster, 79-81 zweiter Verwaltungslehrgang, das hieß: drei Wochen Arbeit im Kreiskirchenamt, eine Woche Lernen in Bielefeld – und wenn „ihre“ Kirchengemeinden den Haushaltsplan berieten, dann fuhr sie abends auch aus Bielefeld zurück nach Gelsenkirchen, um dabei zu sein und alle Fragen zu beantworten. 1985 wurde sie verbeamtet und 1993 zur Kirchenamtsrätin berufen. Von 79 bis 95 hat sie die Kirchengemeinden in ihrer Haushaltsführung betreut, ab 95 war sie für die Haushaltsplanung und das Vermögen des Gesamtverbandes zuständig sowie für die Haushalte der kreiskirchlichen Dienste (damals noch einschließlich des Diakonischen Werkes). Seit 2008 ist sie stellvertretende Leiterin der Verwaltung des Kirchenkreises.

Als Superintendent Heiner Montanus ihr eine offizielle Abschiedsfeier ‚verordnete’, da wurde ihr ein bisschen schwindelig. Nur eines war ihr sofort klar: Die Überschrift für die Einladung sollte lauten wie die Losung für den nächsten Deutschen Evangelischen Kirchentag 2019 in Dortmund: „Was für ein Vertrauen“ (2. Könige 18, 19). „Ich habe selber in meiner Arbeit so viel Vertrauen erfahren – und deshalb waren diese 45 Jahre so zufriedenstellend für mich – dass ich einfach weiß, wie unendlich wichtig Vertrauen ist.“ Vertrauen, meint Sabine Walter, ist immer in Gefahr, verloren zu gehen. Es müsse immer wieder aufgebaut werden, „um genügend Kraft zu finden und engagiert genug gemeinsame Wege zu finden.“