„Mein zartbitteres Lehrerleben”

Im Lila Salon gab es eine Lesung mit Betül Durmaz

 

„Döner, Machos und Migranten“ heißt das Buch von Betül Durmaz. Im Lila Salon las sie daraus vor. FOTO:CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN – Der Lila Salon lud am 22. Februar in den großen Saal der Volkshochschule ein und über hundert interessierte Frauen und Männer kamen zur Lesung der Lehrerin Betül Durmaz. Sie unterrichtet an einer Förderschule in Gelsenkirchen-Ückendorf. Ihre Erfahrungen an dieser Schule, an der die meisten Kinder als „sozial problematisch” gelten, hat sie aufgeschrieben. „Ich bin zu diesem Buch überredet worden”, sagte sie. Der Verlag wollte eine Autorin aus der Praxis und mit Migrationshintergrund. „An meiner Schule bin ich die einzige Lehrerin mit Migrationshintergrund” erklärte Durmaz. Doch das sei keine Besonderheit, nur ein Prozent der Lehrerinnen und Lehrer hätten eine Zuwanderungsgeschichte, bei der Schulkindern sähe es jedoch ganz anders aus.

Einige dieser Kinder stellte Durmaz in ihrer Lesung vor. Dabei wurde deutlich: Kinder brauchen die Unterstützung der Eltern, auch wenn diese selbst einen geringen Bildungsgrad haben. Eltern müssen den Schulbesuch und das Lernen ihrer Kinder gut finden und fördern. Dann haben diese Kinder durchaus Chancen, auch von einer Förderschule aus in andere Schulen zu wechseln. Eine große Zahl der Kinder kommt jedoch aus Elternhäusern, die „keine Träume mehr haben, die schon über mehrere Generationen hinweg arbeitslos sind und nichts anderes kennen”. Das betrifft, so machte Durmaz deutlich, deutsche wie migrantische Kinder gleichermaßen. „Nicht die geografische, sondern die soziale Herkunft ist entscheidend”, brachte sie es auf den Punkt.

In der anschließenden Diskussion beteiligten sich auch mehrere Lehrer und Lehrerinnen. Sie bestätigten, dass soziale Probleme, vor allem häusliche Gewalt, auch bei den Kindern aus deutschen Familien vorkomme, dort aber oft noch viel versteckter und unsichtbarer sei. Diskutiert wurde auch die Frage, was denn die Gesellschaft tun könne, um sozial schwache Familien – egal welcher Herkunft – zu integrieren und den Kindern eine Chance zu geben. Das Publikum stimmte durch großen Applaus der Forderung von Durmaz zu: „Die frühkindliche Erziehung muss verbessert werde, die Ausbildung von Erziehenden muss aufgewertet werden. Den Eltern ein Betreuungsgeld zu zahlen, ist der völlig falsche Ansatz. Die Schule allein kann die Defizite nicht auffangen.” Trotzdem: Zumindest Betül Durmaz tut, was sie kann. Davon war das Publikum überzeugt – und stand Schlange, um sich das Buch signieren zu lassen. röck