Martin Luthers musikalisches Vermächtnis

Chor, Bläser, Akkordeon-Ensemble und Orgel präsentieren musikalische Facetten des Reformationsjubiläums

Komponisten vom 16. bis zum 21. Jahrhundert haben mit Martin Luthers Liedern gearbeitet. Vieles davon findet sich im Repertoire des Madrigalchores Erle. FOTO: MAXIMILIAN WIESCHER

GELSENKIRCHEN-BUER – Glockengeläut. Die Stimmen des etwa 100-köpfigen Publikums in der Apostelkirche ebben ab. Der Madrigalchor Erle stellt sich vor dem Altarraum auf. Das erste, was man hört, sind aber nicht die etwa 30 Sängerinnen und Sänger, sondern die vier Trompeten, zwei Posaunen und ein Euphonium von EmscherBlech, dem Posaunenchor der Kirchengemeinden Trinitatis Buer und Herten-Disteln. Sie spielen den Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“. Nach der Begrüßung von Pfarrer Stefan Iwanczik tritt Chorleiterin Martina Wronski an ihr Pult und der Chor präsentiert eine andere Version von „Ein feste Burg ist unser Gott“, anschließend ebenso das fünfköpfige Akkordeon-Ensemble TaktArt. Danach ist zum ersten Mal das Publikum gefragt: Begleitet von den Bläsern und der Orgel, singt es im Wechsel mit dem Chor „Ach, Gott, vom Himmel sieh darein“. Anschließend sind vier Blockflöten mit Werken des Renaissance-Komponisten Paul Peuerl am Zug.

Iwanczik versetzt in seiner Ansprache das Publikum zurück an das Ende der Weihnachtszeit: „Maria und Josef  bringen ihren Sohn 40 Tage nach der Geburt in den Tempel, um ihn zu weihen. Dort warten Simeon und Hanna schon seit Jahren darauf, den Heiland zu sehen, wie Gott es ihnen verheißen hat. Sie erkennen ihn in Jesus und preisen Gott: ‚Nun lässt du deinen Diener in Frieden gehen, denn meine Augen haben den Heiland gesehen‘. Luther legt uns Simeons Worte wie ein Bekenntnislied in den Mund: ‚Mit Fried und Freud fahr ich dahin‘. Da gehen einem doch gleich die Weihnachtslichter an – mitten im Frühling.“
Nach Max Regers Chorsatz „Aus tiefer Not“ präsentiert der Chorsänger Dietmar Krell Luthers Worte zum Glauben – in originalgetreuem Kanzlei-Sächsisch, in dem Luther selbst sprach und schrieb: „Medizin macht kranke, Mathematik macht traurige, Theologie macht sündhafte Leute. Aber Glaube trägt den Menschen zu Gott und Liebe zu den Menschen.“ Genauso lässt er Katharina von Bora zu Wort kommen: „Ihr seid unlustig, Martinus. Unlust ist die schlimmste Krankheit. Dabei singt Ihr doch immer ‚Nun freut euch, liebe Christen‘. Den Teufel treibt man mit Lachen aus. Steckt mit Eurer Unlust nicht uns alle an.“ Der besagte Choral folgt sogleich.

Für das Lied „Die beste Zeit im Jahr“ teilt sich der Chor in vier Sektionen, die sich in den Ecken des Gottesdienstraumes aufstellen und das Publikum im Wechsel von allen Seiten akustisch in die Zange nehmen. Vor den Schlussliedern erklärt Iwanczik: „Kirchenlieder in unserer Sprache sind für uns heute selbstverständlich, aber die gibt es erst seit der Reformation. Er sagte: Wer in der Zeit singt, öffnet sich für die Ewigkeit. Das passt zu kaum einem Lied besser als zu ‚Verleih uns Frieden gnädiglich‘. Frieden ist zeitlos und doch tut es Not, zu allen Zeiten darum zu bitten. Die vornehmste Art, das zu tun, war für Luther das Singen.“ Entsprechend folgen drei Versionen dieses Liedes: von Hans Leo Haßler (16. Jahrhundert), Felix Mendelssohn-Bartholdy (19. Jahrhundert) und Matthias Nagel (21. Jahrhundert). Als Zugabe präsentiert der Chor noch einmal den Frühlingsgruß „Die beste Zeit im Jahr“.