Lob im Angesicht des Leides

Abendmusik zum 400. Geburtstag von Paul Gerhardt

Pfarrer i.R. Wilhelm Neuhoff. FOTO: CORNELIA FISCHER

WATTENSCHEID – Mit Musik und Lesungen hat die Kirchengemeinde Wattenscheid am 18. März in ihrer Friedenskirche des 400. Geburtstags von Paul Gerhardt gedacht. Paul Gerhardt gilt als einer der bedeutendsten Dichter des deutschen Protestantismus. 26 seiner Lieder stehen im Stammteil des Evangelischen Gesangbuchs, immerhin zwölf im katholischen Gotteslob. „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“ oder „Befiehl du deine Wege“ gehören für viele Menschen zum Allgemeingut.

Kantor Bernd Ostmann hatte ein Programm zusammengestellt mit Choralsätzen und Orgelwerken von Komponisten wie Heinrich Schütz, Johann Sebastian Bach oder Dietrich Buxtehude. Zwischen den musikalischen Vorträgen des Organisten oder der Wattenscheider Kantorei zitierte der pensionierte Wattenscheider Pfarrer Wilhelm Neuhoff Paul-Gerhardt-Texte und brachte sie mit dem Leben des Autors in Verbindung. Musik- und Textauswahl ließen auf eine gute Zusammenarbeit von Kirchenmusiker und Pfarrer schließen. Auf eine solche gute Zusammenarbeit führte Neuhoff zurück, dass der Kirchenmusiker Johann Crüger die Verse des Theologen Paul Gerhardt mit den Melodien versehen konnte, die die Texte zum Leben erweckt haben.

Die bleibende Wirkung Gerhardts erklärte Neuhoff den gut 150 Besucherinnen und Besuchern damit, dass der Dichter Gott loben konnte, ohne die dunklen Seiten des Lebens zu leugnen. „Paul Gerhardt verschweigt nicht, dass Gott es ihm oft schwer macht, zu vertrauen“, sagte er. „Und so kann er glaubwürdig trösten, weil wir uns in seinen Liedern mit unseren Fragen und Zweifeln wieder erkennen können.“

Auch der Heidelberger Theologieprofessor Christian Möller sieht gerade in dieser Zusammenschau die große Bedeutung Paul Gerhardts: „Er sieht den gütigen und den zornigen Gott der Bibel zusammen. Unsere Gefahr ist heute, dass wir Gott auf einen lieben Gott reduzieren, mit dem wir Hoppe-Hoppe-Reiter spielen können. Dann singen wir nur noch ‚Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer…’“, so Möller in einem Interview. „Wird Gottes Liebe verharmlost, werden gerade die im Stich gelassen, die Gottes dunkle Seite erfahren müssen“, sagte Möller. AR