Gesunde Ernährung im Traumland

Der Fachbereich „Offener Ganztag an Schulen“ betreut 750 Kinder

„Irgendetwas fehlt da noch.“ Beim Probieren des Möhreneintopfes in der Küche von Marco Schweißguth entwickelten die jugendlichen Mitarbeiterinnen ihren ganz persönlichen Geschmack.

„Irgendetwas fehlt da noch.“ Beim Probieren des Möhreneintopfes in der Küche von Marco Schweißguth entwickelten die jugendlichen Mitarbeiterinnen ihren ganz persönlichen Geschmack.

Obstsalat im OGS Traumland: Die Bananen sind noch am einfachsten zu Verarbeiten – sowohl beim Schälen als auch beim Schneiden…

Obstsalat im OGS Traumland: Die Bananen sind noch am einfachsten zu Verarbeiten – sowohl beim Schälen als auch beim Schneiden…

… dagegen kann es ganz schön schwer sein, einen Apfel klein zu kriegen. FOTOS: CORNELIA FISCHER

… dagegen kann es ganz schön schwer sein, einen Apfel klein zu kriegen. FOTOS: CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN – „Das ist schon meine dritte Gurke.“ Und das um 10 Uhr morgens! Doch Josephine (9) hat das Gemüse nicht etwa aufgegessen, sondern sie hat es geschält und geschnitten. Verspeist werden die Gurken erst später, beim Mittagessen im „Traumland“, dem Offenen Ganztag der Evangelischen und katholischen Grundschulen Martin Luther und Don Bosco an der Fürstinnenstraße in der Feldmark.

Es ist der erste Tag der Osterferien. Doch der Offene Ganztag an Schulen (OGS) macht keine Pause – im Gegenteil. Natürlich kommen jetzt weniger Kinder. Doch während sie sonst frühestens um 12 Uhr nach dem Unterricht eintreffen, trudeln sie jetzt bereits ab 8 Uhr ein und möchten bis 16 Uhr sinnvoll beschäftigt werden. Das „Traumland“ hat sich dafür etwas Besonderes ausgedacht: Die gesunde Ernährung steht dabei im Mittelpunkt. Deshalb sind einige Kinder heute beim Partyservice Schweißguth zu Gast. Obwohl – diese Gäste werden unverzüglich an die Arbeit gestellt. Sophie (9) hat noch nicht ganz so viele Gurken wie Josephine erledigt. Dafür hat sie sich zwischendurch den Tomaten gewidmet. Nicht nur saubere Achtel sind dabei entstanden, sondern auch „Tomatenrosen“.

Marco Schweißguth liefert das tägliche Mittagessen ins Traumland normalerweise ganz ohne Kinderarbeit. Aber er hat sich gerne in die Projektwochen einbinden lassen. Die Kinder dürfen in der Warm- und in der Kaltküche helfen und lernen dabei viel über die Nahrungsmittel und ihre Zubereitung. Aber auch die Erwachsenen haben an diesem Morgen schon etwas gelernt: Kinder mögen keinen (vor-)gemischten Salat. Sie wählen lieber selbst zwischen Tomaten, Gurken, Paprika oder Kopfsalat. Dann langen sie herzhaft zu – und bevorzugen oft das Gemüse pur statt mit Soße. Die gehört in eine Extraschale zum Stippen.

Teiloffene Arbeit mit Angeboten nach Wahl

Während sich eine Gruppe im Partyservice tummelt, sind auch die anderen Kinder in den Räumen der OGS Traumland nicht faul. Hier bereiten sie den Nachtisch vor. Obstsalat steht auf der Speisekarte. Die 6- bis 9-Jährigen schälen und schnibbeln, was die Äpfel, Bananen, Birnen und Erdbeeren hergeben. Dazu rühren sie Joghurt und Quark für eine leckere Soße zusammen. „Das Projekt ‚Gesunde Ernährung‘ läuft über insgesamt sechs Wochen“, erklärt Erzieherin Melanie Hemshorn. Ein Blick in die Gruppenräume macht deutlich, dass sich hier derzeit alles ums Essen dreht: Von den Decken hängen Mobiles mit selbst gebastelten Früchten, die Fenster sind mit Gemüse aus Transparentpapier geschmückt, an den Türen gibt es eine signalrote Pappe mit einer Collage aus ungesunden Lebensmitteln – und natürlich auch eine grüne mit den gesunden Schlankmachern.

Die OGS Traumland arbeitet ‚teiloffen‘: In den vier Räumen werden zu bestimmten Zeiten unterschiedliche Schwerpunkte angeboten, wie Technik, Malen oder Spielen. Die Kinder können selbst entscheiden, wo sie mitmachen möchten. Zu anderen Zeiten stehen die Hausaufgaben im Vordergrund. Dabei werden die Kinder je nach Jahrgang von den Erzieherinnen und Lehrerinnen betreut.

110 Kinder aus der Don-Bosco- und der Martin-Luther-Schule nehmen das Angebot des Offenen Ganztags wahr. Vier Erzieherinnen, zwei Ergänzungskräfte und eine Küchenhilfe (alle in Teilzeit) sind hier beschäftigt. Träger ist der Evangelische Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid.

Warten auf den neuen Haushaltsplan des Landes NRW

Als Geschäftsführer des Fachbereichs „Offener Ganztag an Schulen“ ist Helmut Mohr für 19 Offene Ganztage zuständig (an 15 Grund- und 2 Hauptschulen, 1 Realschule und 2 Gymnasien). Da sind täglich rund 750 Kinder. Das Land NRW lässt sich die qualifizierte OGS-Betreuung für die ersten 30 Kinder je Einrichtung 1830 Euro/Kind/Jahr kosten, ab dem 31. Kind gibt es 1.230 Euro. Davon muss Mohr das gesamte Personal finanzieren, also rund 90 Teilzeitkräfte und den OGS-Etat beim Kirchenkreis (Geschäftsführung und Verwaltung). „Wir warten immer noch darauf, dass der Haushalt des Landes endlich genehmigt wird“, so Mohr. „Darin ist nämlich eine Erhöhung des OGS-Etats um knapp 14 Prozent vorgesehen. Das würde die angespannte Personalsituation ein wenig entlasten.“

Mohr arbeitet in enger Kooperation mit den Schulleitungen. Während die Schaffung angemessener Räumlichkeiten in der Verantwortung der Stadt liegt, entwickelt er die Konzeptionen und ist für die Führung des Personals zuständig. Dabei steht ihm jetzt ein von der Kreissynode gewählter Beirat zu Seite, in dem Schulleitungen ebenso vertreten sind wie Erzieherinnen, Kirchengemeinden und kreiskirchliche Fachbereiche wie die Familienbildung. „Die religiöse Bildung der Kinder spielt in den Konzepten immer eine wichtige Rolle“, berichtet Mohr. So entstehen Kooperationen zwischen der gemeindlichen Jugendarbeit und der OGS oder eine OGS nimmt in den Schulferien an einer Kinderbibelwoche teil. „Unsere Kinder sind evangelisch, katholisch, ohne Konfession oder muslimisch. Wir möchten, dass sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede kennen lernen und  Respekt füreinander entwickeln.“