Wie kann es weitergehen nach ForuM? Fachtag zur ForuM-Studie für Mitarbeitende aus Bochum, Gelsenkirchen und Herne

Bochum – Wie geht es weiter nach ForuM? Zur Beschäftigung mit dieser Frage hatten die Kirchenkreise Bochum, Gelsenkirchen und Wattenscheid sowie Herne Mitte März alle haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden eingeladen. Die drei Kirchenkreise bilden einen Gestaltungsraum und kooperieren bei der Prävention zum Schutz vor sexualisierter Gewalt eng miteinander. Mehr als einhundert Personen kamen in die Pauluskirche, um sich mit den Ergebnissen und den Folgen der im Januar veröffentlichten Studie zu befassen.

Prof. Dr. Martin Wazlawik stellte am Vormittag in der Pauluskirche die Ergebnisse der ForuM-Studie vor und legte seinen Fokus dabei besonders auf die typisch evangelischen Phänomene und Faktoren.

Die Referentinnen und Referenten – v.l. Sylvia Fein, Matthias Nitsch, Birgit Pfeifer, Prof. Dr. Martin Wazlawik, Diana Klöpper, Teresa Thater und Elga Zachau – freuen sich über den gelungenen Fachtag und den Austausch zu einem wichtigen Thema.

Die Auseinandersetzung mit unseren Strukturen, unserer Kultur und den „typisch evangelischen“ Phänomenen im Hinblick auf sexualisierte Gewalt ist dringend nötig“, betonte Teresa Thater, die als Präventionsfachkraft im Gestaltungsraum das Thema begleitet. Deutlich wurde auch Dr. Elga Zachau, Synodalassessorin im Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid, die in ihrer Begrüßung den Theologen Andreas Stahl zitierte: „Wo Kirche sexualisierte Gewalt ermöglicht oder deckt, stellt sie sich gegen Gott.“

Im Hauptvortrag am Vormittag stellte Professor Doktor Martin Wazlawik, Leiter der ForuM-Studie, die Ergebnisse der Studie vor. Ein Fokus lag dabei auf Phänomenen und Eigenheiten evangelischer Kultur, die sexualisierte Gewalt begünstigen. Harmoniezwang und Konfliktunfähigkeit machten es nicht nur Täterinnen und Tätern in der evangelischen Kirche leicht und erschwerten Betroffenen, Anerkennung für die ihnen zugefügte Gewalt zu erhalten, sie zeigten sich sogar in den Reaktionen auf die Ergebnisse der Studie, so Wazlawik.

„Die evangelische Kirche steht noch ganz am Anfang der Beschäftigung mit Aufarbeitung und Prävention“, sagte Prof. Dr. Wazlawik. Bisher sei überdies nicht ausreichend betroffenenorientiert gehandelt worden. Aufarbeitung bedeute Kontrollverlust. Und es sei Arbeit. Aber es sei wichtig, nicht vorschnell in einen Präventionswahn zu verfallen – „denn Prävention finden immer alle gut“ – sondern sich intensiv mit den Ursachen zu befassen. „Prävention wird nichts taugen, wenn die strukturellen Ursachen weiter fortbestehen.“

Nach einer Diskussion im Anschluss an den Vortrag und einer Mittagspause vertieften die Teilnehmenden in Workshops ihr Wissen zum Themenfeld sexualisierte Gewalt. Matthias Nitsch, ehemaliger Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Intervention und Presbyter in der Kirchengemeinde Bochum, und Sylvia Fein luden Mitarbeitende ein, sich ein Bild von den Folgen sexualisierter Gewalt für Menschen zu machen. Teresa Thater leitete einen Workshop zum traumasensiblen Umgang, sodass die Teilnehmenden am Ende mit Kenntnis darüber, was einen traumasensiblen Umgang kennzeichnet, den Workshop verließen. Prof. Dr. Martin Wazlawik vertiefte den Aspekt der typisch evangelischen Phänomene und arbeitete mit Teilnehmenden heraus, welche Faktoren speziell in der evangelischen Kirche sexualisierte Gewalt ermöglichen. Leitungsverantwortliche aus Kirchengemeinden (Pfarrer:innen und Presbyter:innen) erlebten in einem Planspiel mit Birgit Pfeifer, Referentin des Diakonischen Werks Rheinland-Westfalen-Lippe, wie es abläuft und was zu tun ist, wenn ihnen ein Verdacht auf sexualisierte Gewalt bekannt wird.

Nach einem intensiven Tag fasste eine Teilnehmerin ihre Eindrücke zusammen: „Was ich von heute vor allem mitnehme, ist die Aufforderung ins Tun zu kommen!“
Auch Diana Klöpper, Synodalassessorin im Kirchenkreis Bochum, brachte in ihrem Fazit die Aufgaben für die evangelische Kirche auf den Punkt: „Die Ergebnisse der ForuM-Studie belegen eindeutig: Wir sind nicht die bessere Kirche! Sexualisierte Gewalt hängt unmittelbar mit unseren Strukturen als Institution zusammen. Damit ist klar, was wir zu tun haben: Aufarbeiten und Verantwortung dafür übernehmen, dass wir viel zu wenig getan haben, um sexualisierte Gewalt in unserer Kirche zu verhindern.“

Text und Fotos: Hannah Praetorius