Relevant sein für das Leben

Superintendent Heiner Montanus über das Corona-Jahr

 

Superintendent Heiner Montanus: „Das Evangelium war in seinen Ursprüngen systemkritisch.“ FOTO: CORNELIA FISCHER

Superintendent Heiner Montanus: „Das Evangelium war in seinen Ursprüngen systemkritisch.“ FOTO: CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN – Dürfen Pfarrer ihre Kinder zur Kita bringen, um ihren beruflichen Aufgaben nachzugehen? Als das im März 2020 nur für Eltern mit so genannten „systemrelevanten“ Berufen möglich war, entzündete sich an dieser Frage eine Diskussion um die „Systemrelevanz“ der Kirche. Diese Diskussion stellte Superintendent Heiner Montanus an den Beginn seines Jahresberichtes für die Synode des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid am 23. November (mehr dazu unter der Überschrift „Kein Auskommen mit dem Einkommen“).

„Systemrelevant zu sein ist uns von Anfang an nicht verheißen“, sagte Montanus. „Vielmehr war das Evangelium in seinen Ursprüngen systemkritisch. Es war nicht systemkonform. Es stellte oft sogar eine Gefahr dar. Darum muss uns die Diskussion über die Systemrelevanz der Kirche nicht ängstigen. (...) Unsere Aufgabe ist es nicht, zu handeln, damit das Systems weiterläuft. Wir sind da, weil unsere Botschaft relevant ist für das Leben.“

Vor diesem Hintergrund wandte sich der Superintendent dem Thema „Unser Kirchenkreis und die Corona-Pandemie“ zu: „Ich bin dankbar, wie engagiert, flexibel, ausdauernd und kreativ Menschen in unserem Kirchenkreis auf die Herausforderungen reagiert haben, die die Pandemie für das kirchliche und das gesellschaftliche Leben bedeutet. Ich freue mich über die vielen Ehren- und Hauptamtlichen, die unter den veränderten Bedingungen Bewährtes fortgesetzt oder angepasst und Neues entwickelt haben.“ Er gab lebendige Einblicke in die Corona-Arbeit der Kirchengemeinden und der kreiskirchlichen Referate, in die Krankenhausseelsorge und den Pfarrdienst an den Schulen. „Wir haben Grund, uns zu freuen über die vielen Menschen, die Kirche präsent machen und die dazu beitragen, dass wir unserem Auftrag gerecht werden. Diese Fülle zeichnet uns aus. Und sie schützt uns davor, zu klein zu reden und zu denken von dem, was uns gelingt.“

Unter den Corona-Bedingungen, so Montanus, zeigten sich aber auch bereits bekannte Probleme und Aufgaben im Kirchenkreis wie unter einem Brennglas verstärkt. So war allen bewusst, dass die Kirchensteuereinnahmen zurückgehen würden. „Wir wussten, dass wir sparen und unsere Gebäudekonzepte überarbeiten müssen. Das ist jetzt noch einmal dringlicher geworden.“

Das könne gelingen, wenn die Gemeinden ihre Zusammenarbeit verstärken: „Wir müssen weg vom Ideal eines Kaufhauses, das alles unter einem Dach bietet. Stattdessen hin zur Idee der Einkaufsstraße. Was wir nicht bieten können, gibt es nebenan. Dann können wir auch für das Nachbargeschäft Werbung machen und uns auf das konzentrieren, was unser Ding ist. Wir aber sehen uns oft als Konkurrenten. In diesem Fall jedoch belebt Konkurrenz nicht das Geschäft, sondern sie überfordert die Mitarbeitenden und verhindert, dass alle Gemeinden von der besonderen Kompetenz einer Gemeinde profitieren.“