Passion und Pathos Ausstellung zu 100 Jahren Wandgemälde in der Christuskirche

Gelsenkirchen - Vier großformatige Gemälde auf Leinwand, vor 100 Jahren geschaffen von dem damals zu seiner Zeit berühmten evangelischen Kirchenmaler Rudolf Siegfried Otto Schäfer. Gott, Kaiser und Vaterland waren für Schäfer eine selbstverständliche Einheit, die sich hier auch in seiner Darstellung des Kreuzwegs Christi offenbart.

Zur Eröffnung der Ausstellung stellte Benjamin Bork vom Förderverein Christuskirche die Gemälde und manche Besonderheiten vor.

Zum 100. Jubiläum setzt sich nun eine Ausstellung in der Christuskirche mit der Geschichte dieser Gemälde zur Kriegerehrung und den Hintergründen auseinander.

1924, zehn Jahre nach dem Ausbruch des 1. Weltkriegs, gab das Presbyterium der damaligen Evangelischen Kirchengemeinde Bismarck die Gemälde zur Ehrung der Gefallenen aus der Gemeinde bei Schäfer in Auftrag.

Zum 100. Jubiläum setzt sich nun eine Ausstellung in der Christuskirche mit der Geschichte dieser Gemälde zur Kriegerehrung und den Hintergründen auseinander. Kriegsbegeisterung und Siegesgewissheit wurde auch von evangelischen Theologen geprägt, denn Deutschland, so dachte man damals, war von Gott auserwählt. Die Verbindung von Glaube und Nation war auch bei deutschnationalen protestantischen Pfarrern beliebt. „Man kann an diesen Gemälden erklären, warum die evangelische Kirche so wenig Widerstandskraft dagegen hatte,“ erläutert der Vorsitzende des Fördervereins der ev. Christuskirche Gelsenkirchen-Bismarck e.V., Pfarrer Dieter Eilert, einen wichtigen Aspekt dieser Darstellungen.

„In den 60er, 70er Jahren des letzten Jahrtausends wollte man diese Bilder hier in der Kirche nicht mehr.“ Pfarrer Eilert weist auf eine Zeit hin, in der man in der Gemeinde einen recht kritischen Blick darauf warf. Bei Führungen werde nun stets dieser kritische Blick klar herausgestellt. „Das war Voraussetzung für uns, diese Bilder hier zu belassen!“

Der deutschnationale Gehalt der Darstellungen ist aus heutiger Sicht, auch in Anbetracht der aktuellen Kriege ob in Nahost oder der Ukraine, recht befremdlich. „Auszug zum Kampf“ ist unter der ersten der vier Kreuzweg – Darstellungen, die die Kreuztragung Christi zeigt, an der Seitenwand in der Christuskirche in Bismarck zu lesen.

Der Bilderzyklus vermischt biblische Passion, Nationalismus und die Heroisierung der Kriegsopfer. Der Hauptmann, der auf den Kreuzweg - Darstellungen zu sehen ist, hat eindeutige Ähnlichkeit mit Otto von Bismarck.

Zur Eröffnung der Ausstellung stellte Benjamin Bork vom Förderverein Christuskirche die Gemälde und manche Besonderheiten vor. „Der Hauptmann unter dem Kreuz war im Denken der damaligen Zeit immer ein Deutscher. Das war damals selbstverständlich.“ Aber Bork wies auch auf einen anderen Aspekt der Wandgestaltungen hin: „Neben all dem deutschnationalen Gedankengut wurde hier auch die Trauer dargestellt. Mit dieser Gefallenenehrung ist ein Ort der Trauer geschaffen worden.“ So wurden unterhalb der Schäfer - Gemälde die Namen all der 269 Männer aus der Bismarcker Kirchengemeinde aufgelistet, die im 1. Weltkrieg umkamen. Diese Auflistung bedeutete für die Angehörigen wohl auch Trost. Denn eine Bestattung war in den meisten Fällen schlicht nicht möglich.

Im dritten der vier Wandgemälde, der Grablegung Christi, damals vor 100 Jahren untertitelt mit „Das Heldengrab“, erkennen Insider angeblich verschiedene Porträts von damaligen Pfarrern der Gemeinde.

Als Ergänzung zu den Wandgemälden sind im Eingangsbereich der Christuskirche einige Fotos gefallener Soldaten aus der Gemeinde und deren Geschichte zusammengetragen. Zum Beispiel die von Robert Vocke. Er wurde nur 22 Jahre alt und war einer der ersten getöteten Soldaten der Gemeinde.

Ergänzend zur Ausstellung wird es drei Vorträge geben. „Dabei wird der kritische Blick zum Tragen kommen“, bekräftigt Pfarrer Eilert. „Man kann aus diesen Darstellungen lernen, dies war Mainstream! Deutschnationales Denken der evangelischen Kirche, ein Tiefpunkt!“

Text: Frauke Haardt-Radzik

Fotos: Cornelia Fischer