Mal raus aus der Familie

In den Freizeiten der Evangelischen Jugend können Kinder kostbare Erfahrungen machen

Nicole Olbrich geht mit 30 Kindern und sieben Betreuenden auf die Reise. In dieser Kinderfreizeit (6-13 Jahre) sind noch ein paar Plätze frei.

Nicole Olbrich geht mit 30 Kindern und sieben Betreuenden auf die Reise. In dieser Kinderfreizeit (6-13 Jahre) sind noch ein paar Plätze frei.

Barbara Eggers: "Unsere Freizeitteams sind gut aufgestellt." PHOTOS: CORNELIA FISCHER

Barbara Eggers: "Unsere Freizeitteams sind gut aufgestellt." PHOTOS: CORNELIA FISCHER

GELSENKIRCHEN/WATTENSCHEID - Am Ende einer Freizeit können Eltern manchmal ihr blaues Wunder erleben. "Die Kinder steigen einen halben Meter größer aus dem Bus." Das sagte eine Mutter zu Nicole Olbrich - und meinte damit kein zweiwöchiges Längenwachstum. Ihr Kind hatte Selbstbewusstsein getankt, Spaß gehabt, Freundschaften geschlossen, war selbständiger geworden. Was war passiert? Barbara Eggers: "Im Urlaub mit den Eltern müssen sich die Kinder um nichts kümmern. Es ist wie daheim, nur eben anderswo. In unseren Freizeiten erleben sie eine 'behütete Freiheit'. Sie sind weg von den Augen der Eltern, sie müssen ihre Sachen selbst in Ordnung halten und mithelfen beim Tischdecken oder Abwaschen. Zugleich lernen sie in der Gemeinschaft ganz viel über sich selbst. Sie üben Toleranz ein und auch, sich durchzusetzen. Sie kümmern sich einfach anders um sich selbst. Deswegen fühlen sie sich anschließend größer und verantwortlicher. Mir hat eine Mutter einmal gesagt: 'Mit Eltern machen Kinder Urlaub, um sich zu erholen. Wenn sie auf Freizeiten fahren, lernen sie etwas fürs Leben.'"

Barbara Eggers leitet das Jugendreferat des Evangelischen Kirchenkreises Gelsenkirchen und Wattenscheid. Nicole Olbrich ist Gemeindepädagogin der Emmaus-Kirchengemeinde Gelsenkirchen und macht in diesem Sommer eine Kinderfreizeit in Preußisch-Oldendorf. Beide haben in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht: Jugendfreizeiten (für 13- bis 17-Jährige) werden nach wie vor gut angenommen. Kinderfreizeiten (für 6- bis 13-Jährige) dagegen haben es ein wenig schwerer, die Mindest-Teilnehmerzahl zu erreichen. Woran liegt's?


Gut ausgebildete Teams

Eggers macht im Wattenscheider Teil des Kirchenkreis die Erfahrung, dass auch Freizeiten für die Kleinen schnell ausgebucht sind. Hier organisiert der Jugendring Bochum Sponsoren, so dass Familien mit (anerkannt) kleinem Geldbeutel nur 50 €/Kind beisteuern müssen. Demnach könnten die Kosten eine wichtige Rolle spielen. Zum Vergleich: Olbrichs Kinderfreizeit (10.-24.8.) kostet 400 € für das erste Kind, Geschwister zahlen die Hälfte - für Gelsenkirchen auch bei anderen Trägern ein ganz normaler Preis. "Dabei könnten wir gerade in Gelsenkirchen eine solche Unterstützung für Kinder aus armen Familien gut gebrauchen", sagt Eggers.

Einen weiteren Grund vermutet sie im Ferienangebot beim Offenen Ganztag an Schulen. An vielen Standorten werden Kinder auch in den Schulferien wochentags von 8 bis 16 Uhr betreut. Doch es könnte auch sein, dass nicht den Kindern, sondern den Eltern eine Trennung von zwei Wochen einfach zu lang ist. Dafür spricht, dass die kurzen Freizeiten übers Wochenende auch für die 6- bis 13-Jährigen gerne gebucht werden. "Vielleicht gibt es in letzter Zeit einfach mehr Ängste, ob die Kinder auch gut betreut werden", überlegen Eggers und Olbrich. Das mag auch gesundheitliche Gründe haben. "Die 'Gebrauchsanleitungen' für die Kinder werden immer länger", berichtet Eggers und meint die Listen mit Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder regelmäßig einzunehmenden Medikamenten, die die Freizeitleiter von den Eltern bekommen. "Wir sind dafür mit unseren Freizeitteams wirklich gut aufgestellt. Wir haben auch schon Diabetiker dabei gehabt, oder regelmäßig Hormonspritzen verabreicht. Unsere Teamer sind geschult im Blick auf Erste Hilfe, sexualisierte Gewalt oder Verhalten bei Unfällen." Sechs Kinder/ein*e Betreuer*in schreibt das Gesetz vor. " Olbrich geht mit 30 Kindern und sieben Betreuern auf die Reise. "Viele ehrenamtliche Teamer sind in unserer Jugendarbeit groß geworden und wurden dadurch motiviert, pädagogische Berufe zu ergreifen."


Freie Plätze auch kurzfristig buchbar

Während Jugendliche viel Freizeit haben möchten - am liebsten am Meer im Süden - brauchen Kinder viel Programm. Das wird ihnen auf den Freizeiten der Evangelischen Jugend geboten. "Es gibt wunderbare Konzepte für Brettspiele im Großformat, etwa 'Das verrückte Labyrinth'", berichtet Olbrich. "Mit vielen Kindern zusammen kann man tolle Sachen machen, die in der Kleinfamilie nicht möglich sind. Bei Schatzsuchen oder Rallyes sind sie mit Feuereifer dabei." Und wenn dann doch einmal das Heimweh ausbricht, steht sie mit jeder Menge Trost, großer Erfahrung und einem weiten Herz zur Verfügung.

In acht Freizeiten der Evangelischen Jugend sind derzeit noch Plätze frei. Zur Übersicht geht es [hier]. Gebucht werden kann bis kurz vor der Abfahrt. Auskünfte gibt es im Jugendreferat: 0209 - 17 98 150 oder bei barbara.eggers@ekvw.de.